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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 101
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Laute, Formen, Wörter, Sprachen

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Zu den heutigen Mundart grenzen und ihren Ursachen: Die Nord-Süd-
Grenzlinien oder,Rheinstaffeln' (Karte 2)

Begleiten wir einen Wanderer, der sich vom schwäbisch-fränkischen Pforzheim
auf den 228 km langen Schwarzwaldmittelweg zum südalemannischen
Waldshut begibt, so durchqueren wir nicht nur eine der abwechslungsreichsten
Naturlandschaften Süddeutschlands, sondern überschreiten
ahnungslos auch eine Fülle von Mundartgrenzen, die uns unmerklich von
einer Sprachlandschaft in die andere führen. Weniger eindrucksvoll gestaltet
sich dieses ,Isoglossenspringen\ wenn wir in nur zwei Stunden auf der
Autobahn von Karlsruhe nach Basel fahren. Auf dieser Fahrt überquert
der Reisende zahlreiche Dialektgrenzen, die dem Dialektologen als
,Rheinstaffeln' bekannnt sind. Dieser von Fr. Maurer geprägte Ausdruck
bezeichnet die dialektgeographische Erscheinung, daß im badischen und
elsässischen Oberrheingebiet fränkische Spracheigenheiten in unterschiedlicher
räumlicher Ausdehnung bis auf die Höhe des südlichen Markgräfler-
landes und Sundgaus getragen worden sind, z. T. auch auf dem Umweg
über das Elsaß. Diese Dialektlinien, die quer von den Vogesen durch die
Rheinebene zum und über den Schwarzwald verlaufen und im Südschwarzwald
die bereits besprochene Sundgau-Bodensee-Schranke bilden,
haben zu einer ausgeprägten mundartlichen Staffellandschaft am Oberrhein
geführt. Charakteristisch für diese mundartlichen Nord-Süd-
Gegensätze ist jedoch, daß sie auf der verkehrsmäßig günstiger gelegenen
elsässischen Seite z. T. weiter nach Süden vorgedrungen sind, als dies auf
badischer Seite der Fall ist. Diese symmetrische Verschiebung (Ernst
Ochs) als Ergebnis der fränkisch-alemannischen Überschichtung hat zu
wichtigen Nord-Süd-Gegensätzen geführt, die im folgenden in bezug auf
den Schwarzwald besprochen werden sollen.

Wie wir oben gesehen haben, wird als Abgrenzungskriterium des
Oberrhein-Alemannischen zum Südfränkischen die neuhochdeutsche
Diphthongierungslinie gesetzt, die im Südfränkischen zu den Lautungen
Zait, Haus, Lait geführt hat (KDA 61). Auf die erste Rheinstaffel treffen
wir von Norden kommend kurz vor Baden-Baden, wo fränkisches Bruuder
in alemannisches Bruader übergeht. Kurz vor Bühl stoßen wir dann auf die
zweite Linie, die nördliches gwää von südlichem gsii ,gewesen' trennt. Im
Nordschwarzwald leitet sich diese häufig gebrauchte Partizipialform vom
mhd. Zeitwort wesen ab, im mittleren und südlichen Schwarzwald geht sie
auf mhd. sin zurück. Welche sprachpsychologische Abgrenzungsfunktion
dieses Wörtchen übernehmen kann, zeigt sich in Bühlertal: Als Unterscheidungsmerkmal
zum Untertal, wo die neuere Form gwää zu hören ist,
geben die Bewohner des Obertals die ältere, im Verschwinden begriffene
Form gsing an. Kurz nach Bühl scheidet sich nördliche Kurzaussprache in
Schädel und Fäder ,Schädel', ,Feder' von südlicher Länge, also Schäädel


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