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Bernhard Littenweiler
interpretum" von 1757. Hier entwirft er eine allgemeine Theologie nach
der Ansicht und Methode der berühmten Theologen und Übersetzer der Hl.
Schriften seiner Zeit. Pater Gallus setzt, nach Ansicht von Karl Werner in
den „Allgemeinen deutschen Biographien",47 dem Scholastizismus der bisherigen
Theologie eine auf der Bibel, den Kirchenvätern und Konzilien gestützte
Theologie gegenüber.
In einem Vortrag in der Historischen Bibliothek in Rastatt über den
„Umbruch in der katholischen Theologie des 18. Jahrhunderts erläutert an
Abt Martin Gerbert von St. Blasien und Gallus Cartier von Ettenheimmün-
ster" stellte Alfons Deissler 1990 fest, daß P. Gallus Cartier zwar aus
pädagogischen Gründen die scholastisch-technischen Formen beibehielt,
seine „Theologia universalis" aber aus den echten theologischen Quellen,
vor allem aus der Hl. Schrift, beziehe.48 Gallus Cartier unterhielt einen
regen Schriftwechsel49 nicht nur mit dem Stiftsbibliothekar Kolb von St.
Gallen, sondern insbesondere mit Abt Calmet von Senones in den Vogesen
und mit P. Oliver Legipont, der 1752 in Kempten die deutsche Benediktinerakademie
gegründet hat. P. Gallus engagierte sich sehr stark bei der
Gründung dieser Akademie und übernahm dann neben Abt Domblüth deren
Geschäftsführung für den Breisgau.
Auch aus der „Geschichte des Schwarzwaldes"50 von Fürstabt Martin
Gerbert wissen wir, daß er den jüngeren Cartier einmal in Euenheim „ehrfurchtsvoll
" begrüßt habe. Und über die beiden „hochgelehrten leiblichen
Brüder Germanus und Gallus Cartierius" notiert er, daß sie „durch die Veröffentlichungen
von vielen Werken berühmt geworden" seien.
Mit dieser Meinung des ebenfalls hochgelehrten und berühmten Fürstabtes
Martin II. aus St. Blasien soll diese Abhandlung ihr Ende finden, deren
Ziel es war, die Biblia Sacra, das große Opus der Mönche aus der Abtei
Ettenheimmünster, und ihre wichtigsten Autoren Germanus und Gallus
im 250. Jahre nach Erscheinen der Bibel zu würdigen und zugleich einen
Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte der Ottenau zu leisten.
Anhang
Die Cartier-Bibel im Antiquariat
Einen interessanten Einblick in den Handel mit antiquarischen Büchern im
vorigen Jahrhundert gibt das von Jean George Theodore Graesse 1859 herausgegebene
Buch „Tresor de livres rares et precieux ... ou recherches",
das ist ein Verzeichnis mit seltenen, kostbaren und auch gesuchten
Büchern mit Angabe von Händlern und Preisen. Danach kostete vor etwa
150 Jahren die 3. Auflage der Cartier-Bibel von 1770 mit allen 65 Kupferstichen
12 Gulden, die zweite Auflage mit den an sich wertvolleren
Stichen aus der Scheuchzer'schen „Physica sacra" nur 3 Gulden und 30
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