Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 361
(PDF, 140 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2001/0361
Ein Schwarzwälder wird Pfarrer in Amerika oder: Umwege führen auch zum Ziel

361

laden, daß den Kindern das Wasser im Mund nur so zusammenlief. Diesen
folgten die Stände der Dreher mit Spinnrädern und andern Holzwaren. Das
irdene und porzellanene Geschirr sowie die Stände mit Kleidern und Kleiderstoffen
fesselten uns nicht so lange. Ganz am Ende des Marktes, vorn
im Dorf, stand das Karussell. Das nahm wieder unsere ganze Aufmerksamkeit
in Anspruch. Man müßte ja nicht jung und Bub gewesen sein! Da wurde
leichten Herzens der letzte Kreuzer ,verfahren'."7

Geordnet war auch der Tag; und er endete mit dem allabendlichen Läuten
der Betglocke, mit dessen Ende die Kinder zu Hause sein mußten,
wenn sie nicht Gefahr laufen wollten, vom ,Nachtgrapp' geholt zu werden.
Leider, so meint Rath, dürfe man den Kindern solche Dinge nicht mehr erzählen
. „Das wäre in unserer wahrheitsstrengen Zeit ja eine Lüge! Die
Neuzeit mit ihrer Allerweltsreligion und ihrer Empfindsamkeit, die Überkultur
mit ihrer Kinderlosigkeit hat auch die höchsten Giebel des alten
Kinderhimmels eingerissen, damit aber auch das Kinderglück und beinah
die ganze Kindlichkeit."8 (Dies klingt, als ob es Heinrich Hansjakob geschrieben
hätte, den Rath an anderer Stelle9 anführt.) Freilich kamen auch
Unfälle vor, Feuers- und Wassersnot, sogar ein Mord.

In aller Breite und Ruhe zieht am Leser vorüber, was Rath zu berichten
hat: etwa wie er in die Schule und zur Erstkommunion ging, und wie er in
die kleine Schar der Ministranten aufgenommen wurde. „Welch eine Ehre,
im Chor neben dem Altar knien zu dürfen! Welch eine Auszeichnung, mit
dem roten Talar und dem weißen Chorhemd darüber im Angesicht der
ganzen Gemeinde zu paradieren! Und welche Freude, am Altar selbst dem
Priester das Weinkännchen oder das Rauchfaß zu reichen! Damals war ich
so glücklich, wie ich es in meinem spätem Leben nie mehr geworden bin.
Jene Stunden der Kindesfreude im Dienste Gottes waren die allerschönsten
am ganzen Jugendhimmel."10 Ausführlich wird wieder vom Fronleichnamsfest
berichtet, von der Prozession, und auch noch von einer Primiz,
die Rath dadurch verschönerte, daß er an der Kirche einen Brunnen springen
ließ. (Er wurde aus einem Zuber gespeist, den er mühsam genug auf
den Turm geschleppt und dort noch mühsamer mit Wasser gefüllt hatte.)
Die Kirche zog ihn an, in die ihn seine alte Base schon früh mitgenommen
hatte, „und was ich da sah, versuchte ich nachher im Spiel nachzuahmen.
Von alten Lumpen und Papierfetzen machte ich Fahnen und andere
Schmuckstücke und spielte dann Messe, Predigt und Prozession. Eine kleine
Schelle diente als Glocke und läutete zusammen. Bei diesen Spielen
sprach oder sang ich meist unzusammenhängende, unverständliche Worte,
wie es Kinder in solchem Alter zu tun pflegen".11 Auch kam es vor, daß er
„den andern eine Predigt hielt".12 Dieser Zug sollte noch viel stärker werden
.

Aber über Ulm kam man kaum je hinaus. Umso größer war die Freude,
wenn die Schule einen Ausflug machte; da ging es dann, auf umgebauten


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2001/0361