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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 377
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Hanf rötzen in Lichtenau heißt auch, um Wasser kämpfen

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Lichtenau, den 20. Dez. 1865.

1. Die Rötzen sind Gemeindeeigentum. Sie werden außerhalb der Rötzzei-
ten als Wiese genutzt.

2. Die Rötzen sind den Häusern zugeschrieben. Bei Eigentumswechsel
folgen sie den Häusern.

3. Als Normalparzelle gilt eine Rötzfläche von 55 Fuß x 14 Fuß. Wer eine
größere Parzelle hat, kann die Überschußfläche gegen Bezahlung abgeben
. ..

4. Wird ein Haus abgebrochen, fällt das Rötzrecht an die Gemeinde
zurück. Diese kann dieses Recht auf ein Haus überschreiben, das kein
Rötzrecht hat, z. B. einen Neubau (Gebühr: 6 Gulden).

5. Für das Instandhalten der Schließen, die Säuberung der Wasserleitgräben
und die Aufsicht beim Rötzen sind pro Normalparzelle (770 Quadratfuß
) im Jahr 6 Kreuzer zu zahlen.

6. Wird in trockenen Sommern Wasser von Oberwasser in die Acher geleitet
, so sind die Kosten von allen Rötzbenutzern zu zahlen.

Die Wirtschaftlichkeit des Hanfanbaus

Um seinen Hof wirtschaftlich zu betreiben, hatte der Bauer in der Oberrheinebene
verschiedene Möglichkeiten. Unsere Vorfahren hatten nur die
Wahl zwischen Viehzucht, Getreidebau und dem Anbau eines Handelsgewächses
. Die Ortenauer Bauern entschieden sich schon im Mittelalter für
den Hanfbau, ohne Vieh und Getreide zu vernachlässigen. Wie Wilhelm
Schad in seinem ausgezeichneten Aufsatz „Der Hanfanbau im badischen
Hanauerland" nachweist („Ortenau", 1972),13 haben die Bauern eine gute
Wahl getroffen. Über die Hanfernte von Legelshurst im Jahre 1837, die einen
Gegenwert von 727 Stück Großvieh darstellte, schreibt er: „Solch eine
Einnahme wurde späterhin weder mit Tabak, noch mit Feldgemüsen oder
Mais erzielt." Im Jahre 1624 gaben 10 Ar Ackerland für 12 Gulden Hanf.
Eine sechsjährige Kuh galt 10 Gulden. Hundert Jahre später (1732) galten
noch dieselben Preise.

Bei den stabilen Preisen und guten Erlösen nimmt es nicht wunder,
wenn die Lichtenauer nach der Katastrophe des 30jährigen Kriegs mit der
totalen Einäscherung von 1632 ihre Hoffnung beim Wiederaufbau ganz auf
den Hanf setzten, so daß Pfarrer Michael Faber (Amtszeit: 1647-51) im
Jahre 1650 klagte: „Die Lichtenauer plaueln sogar sonntags ihren Hanf."
Der Trieb zu Überleben war stärker als die christlichen Gebote.16 Auch die
gräfliche Kanzlei in Buchsweiler beschwerte sich im Jahr 1669 über die
Lichtenauer Bürger: „Durch das Hanf rötzen der Lichtenauer Bürger ist der
herrschaftlichen Fischerei wirklicher Schaden entstanden. Es ist Fleiß dahin
zu setzen, daß solcher Schaden vermieden bleibe und das Hanfrötzen-


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