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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 447
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„Seil der Sache Stalingrad bin ich ohne Nachricht.

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an keiner Stelle ein; es findet sich kein Wort des Mitleids, des Trostes oder
der Hoffnung. Dagegen standen in der Zeitung immer größere Phrasen
wie: „Der Name Stalingrad ist das Symbol für das heldische Sterben deutscher
Männer zum Schutze des Vaterlandes." Diese gezielte Vernebelungs-
politik konnte aber in der Bevölkerung keine Ruhe schaffen, Fragen wurden
gestellt, wenn auch aus Furcht vor der Gestapo meist nur hinter vorgehaltener
Hand. Wurden die Fragen laut gestellt, so wurden sie von den zuständigen
Ämtern kühl abgewehrt. Als Frau Keßler, die alle in diesem Beitrag
angeführten Quellen sammelte und über Jahrzehnte hinweg aufbewahrte
, am 4. August 1944 die Wehrmachtauskunftstelle für Kriegerverluste
und Kriegsgefangene beim Oberkommando der Wehrmacht beauftragen
wollte, nach ihrem seit dem 3. Januar 1943 vermißten Mann zu suchen
, erhielt sie eine hektografierte Antwort, die folgendermaßen schloß:
„... Es wird daher gebeten, von weiteren Rückfragen Abstand zu nehmen,
da die Wehrmachtauskunftstelle aus arbeitsmäßigen Gründen leider nicht
mehr in der Lage ist, die Anfragen einzeln zu beantworten. Das Oberkommando
der Wehrmacht bedauert, Ihnen im Augenblick keinen günstigeren
Bescheid geben zu können."

Im Zuge der Gleichschaltung des Informationsflusses war schließlich
ein weiteres Erscheinen des „Mittelbadischen Boten" überflüssig geworden
, und er stellte sein Erscheinen am 31. März 1943 ein mit der lakonischen
Begründung: „Die Notwendigkeiten des totalen Krieges bedingen eine
zeitliche Trennung". Von nun an konnte man nur noch Parteizeitungen
lesen. Wer also heute wahre Informationen in der damaligen Presse sucht,
wird nicht fündig werden. Deshalb sind authentische Zeitzeugnisse über
alles, was mit der Katastrophe von Stalingrad zusammenhängt, besonders
wertvoll. Ein beeindruckendes Zeugnis jener Tage ist ein Brief, den ein
Nachbarssohn und Freund der Familie am 15. März 43 an Frau Keßler
schrieb. Er war als Pilot bei der deutschen Luftwaffe in Stalingrad im Einsatz
. Von seiner Mutter hatte er erfahren, daß Michael Keßler als vermißt
gemeldet worden war. Nun versuchte er Information und Trost miteinander
zu verbinden: „Werte Frau Keßler! Sie werden erstaunt sein, von mir einen
Brief zu erhalten. Will denselben auf Wunsch meiner Mutter schreiben, da
sie mir mitteilte, was für ein ungewisses Schicksal Ihren lieben Mann, meinen
früheren Klassenlehrer, betroffen hat. Schweren Herzens nahm ich von
dieser Sache Kenntnis. Vielleicht wird Ihnen, Frau Keßler, dieser Brief etwas
Beruhigung bringen und mithelfen, das zur Zeit noch ungewisse Los
über Ihren Mann leichter zu ertragen. Ich wollte, es wäre so. Nun ein wenig
zu dem eigentlichen Grund dieses Briefes. Wie Sie ja wissen, lag der
Einsatz meines Verbandes vorwiegend in Stalingrad. Als treuer Helfer der
tapferen sechsten Armee waren wir fast bis zum letzten Tage in unermüdlichem
Einsatz. Tag und Nacht blieben wir am Feind, um ihn zu schädigen,
wo es nur ging. Es waren äußerst harte Tage, die wir durchzumachen hat-


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