Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 448
(PDF, 140 MB)
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Horst Brombacher

ten. Verletzte und Verwundete wurden von uns aus Stalingrad gebracht fast
bis zu den letzten Tagen. Erst als die notdürftigen Flugplätze vom Gegner
eingenommen waren, bekam die Gesamtlage einen kritischen Charakter.
Auf Roggengelände gingen wir notgedrungen zur Landung, um wenigstens
verwundete Kameraden mit zurücknehmen zu können. In Abwurfbehältern
wurden in den letzten Tagen noch die heldenmütig kämpfenden Verbände
von uns unterstützt, in der Abwehr des Gegners, versorgt mit Munition und
Verpflegung. Jedoch auch dies brachte keine fühlbare Entlastung mehr, da
der Gegner tausendfach überlegen war. Dennoch kämpften die Truppen des
Heeres tapfer und treu gegen die anstürmenden Divisionen der Sowjets.
Bereit zum Sterben und keinen Meter Boden dem Gegner freiwillig zu
überlassen, schlugen sie eine einmalige Schlacht in der deutschen Geschichte
. Ich kann Ihnen nur sagen, Frau Keßler, das Herz blutete mir oft
beim Anblick dieses unabwendbaren Schicksals, das die Verteidiger von
Stalingrad erreichte. Sie kämpften treu und tapfer bis zum letzten. Über
das Schicksal Ihres Mannes, sofern er Angehöriger der Kampftruppen von
Stalingrad war, kann ich leider keine Angaben machen. So bitter es ist,
Frau Keßler, seien Sie tapfer, vielleicht führt ein gütiges Schicksal nach
Kriegsende Ihren Mann wieder in die Heimat zurück. Viele Kameraden
teilen mit ihm dasselbe Los. Wir Überlebende von Stalingrad sind uns der
Aufgabe bewußt, die uns aus dem Opfer unserer Kameraden erwächst. Wir
wollen kämpfen bis zum letzten. In der Hoffnung, Ihnen, Frau Keßler, einen
Dienst erwiesen zu haben, wünsche ich Ihnen sowie Heinz und Liesel
alles Gute. Herzliche Soldatengrüße Ihr Hermann." Kurze Zeit nach diesem
beinahe prophetischen Brief wurde der Schreiber im Einsatz abgeschossen
.

Im heutigen Wolgograd, dem damaligen Stalingrad, sind die Erinnerungen
an die Schlacht allgegenwärtig. Ein beeindruckendes Panoramamuseum
und über 30 Mahnmäler halten von russischer Seite die Erinnerung an
die Kämpfe permanent aufrecht. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
hat nahe der Stadt einen riesigen Soldatenfriedhof angelegt, auf dem
einmal die Gebeine von bis zu 50 000 Soldaten ruhen sollen. Weit über
20000 sind bereits umgebettet.

Einer der ersten Stalingradkämpfer, die das Glück hatten, heimkehren
zu dürfen, war Hauptmann d. R. Michael Keßler. Im Besitz seiner Tochter
Elisabeth, wohnhaft in Kuppenheim, Landkreis Rastatt, befindet sich ein
Karton mit persönlichen Unterlagen und 483 Briefen und Berichten, die
Kämpfe um Stalingrad und die Gefangenschaft, die Suche nach Vermißten
und die Aufklärung des Schicksals von Stalingradkämpfern, die seelische
und materielle Not der Angehörigen, ganz besonders aber auch die Not in
der Heimat betreffend. Die meisten Briefe waren Anfragen nach dem
Schicksal des Ehemanns oder des Sohnes. Dabei kamen diese aus ganz
Süddeutschland. Auch aus der Ortenau erkundigten sich besorgte Ehefrau-


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