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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 451
(PDF, 140 MB)
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„Seit der Sache Stalingrad bin ich ohne Nachricht

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ihr Wissen austauschten. Unter dem Eindruck der Erlebnisse in Krieg und
Gefangenschaft nahmen nach der Rückkehr die meisten schnell Kontakt
mit früheren Kriegskameraden auf. Wie befreit und glücklich sie sich fühlten
, wird aus den Zeilen einer Postkarte deutlich, die Frau Keßler noch vor
der Rückkehr ihres Gatten im Juli 1947 aus Karlsruhe erhielt: „Sehr geehrte
Frau Keßler, ich war bis Ende 45 mit Ihrem Mann in Elabuga zusammen
in einer Stube und möchte gerne wissen, ob er schon daheim ist. Ich kam
vor 10 Tagen nach 6 Jahren Trennung. Das ist eine Wonne trotz aller Not
und Zerstörung. Jetzt weiß man erst, was man all die Jahre entbehren mußte
, und nun muß man viel intensiver das Schöne und Lebenswerte in sich
aufnehmen. Mit besten Grüßen, ergebenst W. R." Nach seiner Heimkehr
nach Forbach im Herbst 1947 und der Entnazifizierung wurde Michael
Keßler bald wieder als Lehrer angestellt. Er verstarb am 4. Juli 1954 im
Alter von 63 Jahren.

Von den Ereignissen in Stalingrad berichtete Keßler am 15. November
1950 in einem Schreiben, in dem es um das Schicksal des Vermißten H.
ging, an das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg. Darin heißt es: „... Über
die Kampflage in jener Zeit kann ich folgende Angaben machen: Die 305.
Inf. Division war im Nordabschnitt von Stalingrad beim Traktorenwerk
eingesetzt. Schon auf dem Vormarsch nach Stalingrad (von Mai bis November
1942) waren die Verluste der Infanterie-Regimenter der 305. Inf.
Division sehr stark. Am 17. 10. 42 erfolgte der erste Einsatz der neu ergänzten
Regimenter beim Traktorenwerk. Schon am ersten Kampftage waren
die Verluste sehr groß. So ist mir noch gut in Erinnerung, daß ein Regiments
-Kommandeur, 2 Batl.Kommandeure, viele Kompanie-Führer und eine
sehr große Anzahl von Mannschaften durch Tod und Verwundung ausfielen
. Es erfolgte oft ein erbitterter Kampf von Haus um Haus, ja sogar
Stockwerk um Stockwerk.

Die Verpflegungslage wurde von Tag zu Tag schlechter, weil die Versorgung
aus der Luft immer beschwerlicher wurde; denn es war nur ein Flugplatz
für die gesamte 6. Armee vorhanden. Als dieser Flugplatz Mitte Dezember
1942 in russische Hände fiel, konnte die Versorgung der Truppe
nur aus der Luft erfolgen. Die abgeworfenen Verpflegungsmengen waren
für eine ausreichende Ernährung der Truppe völlig unzureichend. Oft kam
es vor, daß 30 Mann einen Laib Brot täglich erhielten (1 Brot = 1500 g).
Mir ist noch gut in Erinnerung, daß wir tagelang oft nur 10 g Knäckebrot
(Hartbrot) ohne jede weitere Zutaten pro Mann erhielten. Warmes Essen
war eine Seltenheit und wenn möglich, dann nur Pferdefleisch mit den Bestandsresten
, die die einzelnen Einheiten noch aufbrachten. Die Truppe lag
ständig im Kampf und mußte trotz dieser schlechten Ernährungslage die
Stellungen halten. Die Kompanien schmolzen im Laufe der Zeit auf 6 bis
10 Mann zusammen. Es war dann keine Seltenheit, daß ein Gefreiter oder
Unteroffizier Komp.Führerdienste leistete.


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