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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 453
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„Seil der Sache Stalingrad bin ich ohne Nachriehl

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Lebensgefahr. Es besteht auch die Möglichkeit, daß er verwundet wurde
und dann unter den oben angeführten Gründen sein Leben in Stalingrad
lassen mußte, oder auch die dritte Möglichkeit, daß er die Kampfhandlungen
überstand, aber in dem erschöpften Zustand den Strapazen eines Gefangenenmarsches
nicht mehr gewachsen war. Es war keine Seltenheit, daß
erschöpfte Kameraden von russischen Posten am Straßenrand niedergeschossen
wurden.

Das Verhalten der Zivilbevölkerung einschl. der Etappentruppe war gegen
die marschfähigen Verwundeten und kleineren Marschgruppen von
Gefangenen äußerst unmenschlich. Wer das Unglück hatte, in einer solch
kleineren Marschgruppe den Weg in die Gefangenschaft anzutreten, ist mit
Sicherheit in den Tod gegangen. ..."

Wie erbarmungslos die Wege in die Gefangenschaft und wie gering dabei
die Überlebenschancen waren, belegt darüber hinaus ein Bericht eines
Heimkehrers vom Januar 1946. Er schrieb: „... Ja, ich war mit R. seit Stalingrad
zusammen, anschließend waren wir bis Ende März 1943 in Beke-
towka, bzw. Dubowka untergebracht, verhungerten dort beinahe vollends
und wurden dann in 22tägiger Bahnfahrt nach Taschkent in Usbekistan, am
Fuße des Himalajagebirges in Mittelasien transportiert. Unterwegs gab es
einmal warmes Essen, einmal Wasser, das wir aus einem Bach soffen,
nachdem wir das Eis eingeschlagen hatten, und sonst 200 g Hartbrot,
Trockenfisch und Schnee. 100 Mann wurden in den Waggon gepfercht,
aber täglich gab es ja mehr Platz, denn 10, 12 - 15 Mann waren in der
Frühe meist tot, dreimal wurden wir wieder auf 100 aufgefüllt und trotzdem
lebten bis zur Ankunft nur noch 32 Kameraden, in anderen Waggons
teilweise nur noch 5 und 6 Mann. Dann kamen wir in die Regenperiode
hinein, hier ersoffen wir fast in den Erdbunkern, Ruhr und Typhus traten
auf, da begann das Massensterben, an einem Tage 182 Kameraden, in
knapp 7 Wochen gelangten ca. 11.000 Mann ins Massengrab. ..."

Ein anderer Heimkehrer berichtete seine persönlichen Erfahrungen auf
der gleichen Fahrt in einem Brief vom November 1949. Mit seinen Worten
bestätigte er den obigen Bericht eindrucksvoll: „ ... Auf der Bahnfahrt, die
4 Wochen dauerte, ging bereits die Hälfte und noch mehr zugrunde. Die
Wagen wurden 2-3 mal aufgefüllt und trotzdem konnten nur 20 - 25
Mann aussteigen und die meist krank und schwach, so daß sie sich kaum
auf den Füßen halten konnten. Tausende von Läusen, abgemagert zum
Skelett, so kamen wir in ein Bunkerlager. Ruhr, Typhus, Fleckfieber raffte
die braven Männer nur so dahin. Ein Nebenlager starb bis auf 15 Mann
aus. Selbst nicht mehr fähig zu denken, vor Schwäche nicht mehr fähig zu
gehen und zu stehen, kam ich eines Tages krank und elend in ein Lazarett
und später in ein Erholungslager. An Leib und Seele gestärkt ging es im
November 1943 zurück nach Orsk (Ural) zum Arbeitseinsatz. Hunger und
Entbehrung nahmen bei schwerster Arbeit und schlechtester Verpflegung


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