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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 454
(PDF, 140 MB)
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Horst Brombacher

kein Ende. Dort selbst traf ich eines Tages Paul K., Unteroffizier von unserer
Einheit, und Erwin K, unseren ersten Koch. Von allen anderen Kameraden
konnte ich nie mehr etwas in Erfahrung bringen. Offen gesagt, ich
nahm an, daß alle auf der Fahrt nach Asien, die von uns nur die Todesfahrt
genannt wurde, oder anschließend im Lager gestorben sind. Natürlich kann
man so etwas den Angehörigen nicht sagen, weil jeder Anhaltspunkt fehlt,
aber wenn sich bis jetzt einer nicht gemeldet hat, kann man wohl die Hoffnung
langsam aufgeben. Wir haben doch alle gesehen, wo sie geblieben
sind. Es ist eben zuviel über uns gekommen, mehr als ein Mensch ertragen
kann. ..."

Über den Weg in die Gefangenschaft und die Verhältnisse in den Lagern
äußerte sich nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft 1948 der frühere
Stabsintendant der 305. Inf.-Div. Karl Binder. In seinem sechsseitigen
Bericht, der sich in den Unterlagen Keßlers befindet, ist unter anderem darüber
zu lesen: „Einige Tage später (nach der Kapitulation, d. Verf.) ging es
über Kotluben wieder zurück nach Stalingrad. Noch einmal kamen wir
über die alten Kampfstätten. Rechts und links der Straße waren die Toten
zu riesigen Stapeln aufgeschichtet, andere lagen noch im Freien oder in
den alten Kampfstellungen. ... Viele haben auf diesem Weg das Beten gelernt
, manche sind aber auch mit einem Fluch auf Hitler erschöpft zusammengebrochen
. Wir kamen Ende Februar in das erste Auffanglager etwa
20 km südlich von Stalingrad, nach Beketowka. Dort befanden sich etwa
40 000 Gefangene, 60 km nördlich von Stalingrad in Dubowka etwa ebensoviel
. In Beketowka sind an Hunger und Flecktyphus etwa bis Mitte März
35 000 Gefangene gestorben. Die Offiziere wurden nun leider von den
Mannschaften getrennt und kamen mittels Bahn und Fußmarsch in verschiedene
Lager bei Kasan, Gorki, Moskau usw. Der Hauptteil der Stalin-
grader Offiziere aller Divisionen kam nach Yelabuga etwa 300 km ostwärts
von Kasan. ..." Nach einer detaillierten Darstellung des Lagerlebens berichtet
Binder weiter über die Ernährung im Gefangenenlager: ...„Die Verpflegung
bestand meist aus dünnen, mit etwas Kraut oder Brennessel, Tomaten
, Gurken oder Hirse durchsetzten Wasser- oder Fischsuppen, mittags
dieselbe Suppe und etwa 8-10 Eßlöffel Brei aus Mehl oder Hafer, Hirse,
Erbsen oder Linsen. Abends gab es entweder Suppe oder Brei mit Zuschlag
, falls Arbeitsnorm erfüllt. Brot bekamen wir früher allgemein 600 g,
später je nach Arbeitsnorm zwischen 400 und 700 g. Edelprodukte wie
Zucker, Fett, Tabak, auch Fleisch und Fisch, auf die Hand wurden ausgegeben
, sofern vorhanden."

Der beeindruckende Bericht von Karl Binder endet folgendermaßen:
„Ende des Jahres 1945 bekamen wir die ersten Postkarten zum Schreiben,
die tatsächlich in der Heimat ankamen. Mitte 1946 hatten die meisten Postverbindung
mit den Lieben zu Hause. Dies gab uns Kraft und Ausdauer,
die schwere Zeit der Gefangenschaft zu überdauern. Es ist mir persönlich


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