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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 458
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Horst Brombacher

postnummer 44535 betrafen, im allgemeinen sichere Aussagen über die
Gesuchten machen. Die Unwissenheit über das Schicksal der Stalingrader
war ja in der Bevölkerung allgemein, da bis Ende 1945 in den Gefangenenlagern
Schreibverbot bestand. In einer Anfrage vom Februar 1948 heißt es
dazu: „... Ich möchte Sie nun anfragen, ob es stimmt, daß Sie Ihren Angehörigen
nie ein Lebenszeichen geben konnten. Das wäre natürlich für
uns ein Hoffnungsstrahl. Man hört auch manchmal von Heimkehrern, daß
es Lager in Rußland gäbe, in welchen die Gefangenen nicht schreiben dürfen
. Ich wäre Ihnen für Ihre diesbezügliche Äußerung sehr dankbar, denn
es ist ein grausames Los für Eltern, wenn sie nicht wissen, wo sie ihr Kind
suchen sollen. ..." Keßler antwortete auf diese Anfrage im allgemeinen,
daß es solche Gefangenenlager nach seinem Wissen nicht gebe. Nur aus
Straflagern dürfe nicht geschrieben werden. Mit seinen Briefen, in denen
Keßler Angehörigen von Vermißten mitteilte, daß diese noch lebten, machte
er Hoffnung auf eine Rückkehr der Gefangenen. Aus einem Dankesbrief
, der ihn im August 1948 erreichte, wird dies deutlich: „... Sie haben
mir damit neue Hoffnungen auf ein Wiedersehen gemacht, denn bis zum
Erhalt Ihres Schreibens wußte ich ja nicht, ob mein lieber Gatte all die
Strapazen in Stalingrad überlebt hat oder ob er gefallen ist. Es ist mir
ja auch bekannt, wieviele der Gefangenen aus Stalingrad besonders in den
ersten Monaten nach der Gefangennahme gestorben sind und die Sorgen
um meinen lieben Mann sind nicht kleiner geworden, aber die Hoffnung
auf ein Wiedersehen trotzdem viel, viel größer als in den vergangenen
Jahren. ..."

Im Zusammenhang mit der Frage, was mit der Stalingradarmee eigentlich
geschehen sei, kamen ebenfalls immer wieder Anfragen. So ist ein
Brief vom 18. Dezember 1947 an den Heimkehrer Keßler typisch: „ ... Nun
noch eine Frage betr. Stalingrad. Wissen Sie, oder haben Sie etwas davon
gehört, wo die Stalingradsoldaten geblieben sind, da doch fast keiner
schreibt? Es sind doch etwa 94 000 gefangen worden, wie man uns in Rußland
gesagt hat. Erst vor kurzem habe ich mit einem Heimkehrer gesprochen
, der war in Stalingrad Gefangener, aber nicht in Stalingrad gefangen
genommen worden. Glauben Sie, daß noch welche, eventuell Freiwillige
bei der russischen Fernostarmee sein könnten. Oder sind alle draufgegan-
gen? In meinem Lager Amawir in Georgien gingen von 1560 Mann über
900 kaputt. Ich glaube nicht an ein Wiederkommen meines Sohnes Fritz,
aber meine Frau und meine Tochter schwören darauf, ein Wahrsager machte
ihnen die Hoffnung. Dieser hat zufällig auch meine Ankunft und Existenz
erraten. ..."

Nicht nur Michael Keßler sah es als Pflichtaufgabe an, zur Aufklärung
von Vermißtenschicksalen beizutragen. Erwiesenermaßen wurde das Datum
des Beginns der Kriegsgefangenschaft von allen Soldaten als tief einschneidendes
Erlebnis empfunden, das sich unvergeßlich einprägte. So ver-


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