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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 459
(PDF, 140 MB)
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„Seil der Sache Stalingrad bin ich ohne Nachriehl

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wundert es nicht daß er auch Hilfsangebote anderer Heimkehrer erhielt,
wie aus einem Brief vom Oktober 1948 hervorgeht: „Gerne bin ich natürlich
bereit, Ihnen und den Angehörigen der Vermißten behilflich zu sein,
soweit es in meiner Möglichkeit liegt. Tausende von Anfragen habe ich im
Laufe meiner zweijährigen Anwesenheit schon beantwortet. 162 Briefe
hatte ich ja mitgebracht mit Wissen unseres NKWD-Oberleutnants und Lagerkapitäns
, die unseren Transport begleiteten. Wieviel unermeßliche Freude
ich damit bereiten konnte, ersah ich aus den rührenden Dankschreiben.
Weiteren Angehörigen, die meine Anschrift durch die Glücklichen erfahren
hatten, konnte ich ebenfalls - allerdings verlangte ich erst Bilder, um
ganz sicher zu sein - erfreuliche Nachricht mit der Lageranschrift zukommen
lassen. ... Lassen Sie mir also bitte die Vermißtenliste Ihrer Einheit
zur Einsichtnahme zukommen. Ich werde diese nach jedem Einzelnen prüfen
und Ihnen nach bestem Wissen und reiflicher Überlegung Auskunft
schreiben. ..." Ein anderer Heimkehrer, der mit Keßler das Lager geteilt
hatte, schrieb am 1. Juni 1948: „... Du wirst wahrscheinlich auch mit Post
so sehr eingedeckt wie ich auch. Mehr als 1200 Angehörige unserer Vermißten
haben sich bis jetzt an mich gewandt und noch immer nehmen die
Anfragen nicht ab. Es ist oft so schwer, allein zu helfen und zu raten und
von den Vermißtenstellen bekommt man so wenig Unterstützung. Wiederholt
habe ich dort schon um die Adressen unserer wenigen heimkehrenden
Stalingrader gebeten, leider bis jetzt mit wenig Erfolg. ..."

Und daß der Informationshunger riesig war, zeigen Frage- und Antwortbriefe
an Michael Keßler. Die Situation, in der sich die Menschen damals
befanden, wird darin deutlich, und die Lektüre der Briefe macht auch heute
noch betroffen.

Im Oktober 1947 erreichte ein Brief den Heimkehrer, der gerade erst
vier Wochen wieder in der Heimat war. Er hatte nach seiner Heimkehr unverzüglich
begonnen, Angehörige von deutschen Soldaten in Stalingrad
oder in Gefangenenlagern zu informieren und erhielt auch Antwort:
„... Recht vielen Dank für Ihre Zeilen vom 12. Oktober. Sie haben die letzten
Tage mit meinem Mann so schön geschildert, daß wir sie im Geiste miterleben
konnten. Wir waren tief erschüttert, daß mein Mann noch zuletzt
verwundet wurde und nicht mit Ihnen in Gefangenschaft gehen konnte.
Können Sie mir nicht sagen, ob mein Mann mit den anderen Verwundeten
auch in Gefangenschaft kam, der Russe wird sie doch nicht haben verhungern
lassen. Solche Gedanken quälen uns jetzt, nachdem mein Mann gar
nichts hören läßt von sich. ... Und das Leid mit meinem Mann war noch
nicht genug, wir mußten auch noch am 31. März 1945 bei einem einmaligen
Fliegerangriff auf Rothenburg unser Häuschen mit allem verlieren. Nur einen
kleinen Koffer, der im Keller untergebracht war, konnten wir retten. Sie
können sich nun meine Lage vorstellen, in der ich mich mit meinen zwei
unversorgten Kindern befinde. Schreiben Sie mir doch bitte die Wahrheit,


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