Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 462
(PDF, 140 MB)
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Horst Brombacher

im Dezember 1948 erreichte: „Sehr geehrter Herr Keßler! Vor allem danke
ich Ihnen recht herzlich für Ihren lieben Brief vom 18. 7. 48. Umstände in
meinem überaus harten Daseinskampf sind die Ursache meines bisherigen
Schweigens. Die Schwierigkeiten des täglichen Daseinskampfes sind oft so
niederdrückend, daß man manchmal versucht ist, am liebsten stillschweigend
aus diesem Leben zu schleichen. Es ist eben doch schon eine lange
Zeit seit dem letzten Lebenszeichen meines lieben Mannes vom
6. 1. 43 und bis heute ist noch alles in größtes Stillschweigen über sein
Schicksal gehüllt. Ich glaube, es gibt noch keine Dienststelle, bei welche ich
angefragt habe, alle Antworten sind bisher negativ geblieben. Wenn ich
dann das immer dicker werdende Aktenbündel zu allen Tages- und Nachtzeiten
durchstöbere, so finde ich allerdings ein kleines Schriftstück, an
welchem ich hängen bleibe und ich von oben bis unten und umgekehrt
durchlese, ob nicht doch was zu finden wäre, es ist das Ihrige. So ist es nun
auch heute wieder, daß ich Ihre lieben Zeilen durchlese und mir dabei so
manches in den Sinn kam. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir irgend
welche persönlichen Eindrücke und Wahrnehmungen über das Zusammenleben
mit meinem Gatten geben könnten. Zum Beispiel über seine
geistige bzw. seelische Verfassung. Hatte er noch seinen Humor, dessetwe-
gen er heute noch von vielen Bekannten in unvergeßlicher Erinnerung ist,
was hat er über seine Familie geäußert? Kann er Ihrem Ermessen nach
noch leben, oder vielleicht doch in seinem Beruf untergekommen sein?
War er körperlich ganz gesund? Wie und wo kam er in Gefangenschaft?
Hat er schreiben dürfen, oder durften Sie schreiben, Herr Keßler? Gibt es
tatsächlich noch Lager, wo Schreibverbot heute noch besteht? Nun, lieber
Herr Keßler, Sie können sich denken, daß ich nichts unversucht lasse, auch
die kleinsten Anhaltspunkte über das Schicksal meines Mannes in Erfahrung
zu bringen. Bitte sind Sie mir nicht böse, wenn ich Sie wiederum
belästige mit meiner Bitte. Wie gesagt sind Ihre Zeilen vom 18. 7. die einzigen
, die mir immer wieder Hoffnungen geben, eines Tages doch mit meinem
Mann ein glückliches Wiedersehen feiern zu dürfen. Wenn diese Hoffnung
bis heute noch nicht in Erfüllung ging, so gönnen Sie mir bitte die
Freude, wenn möglich noch vor Weihnachten mitteilen zu wollen, wie Sie
meinen Mann bis zur Trennung erlebt haben. Obwohl ich nach wie vor
noch voller Zuversicht und voller Hoffnung und stündlich auf die glückliche
Wiederkehr meines Mannes warte, bedeutete es vorerst in Ermangelung
anderer Nachrichten für mich und meinen Sohn Heinz das schönste Weihnachtsgeschenk
, von Ihnen ein in seinem Zusammenhang abgerundetes Bild
als Erinnerung an unseren Vater erhalten zu können. Bitte schreiben Sie, was
Sie über ihn wissen, alles ist für uns interessant. ..." Solche Briefe bedeuteten
für Michael Keßler eine schwere Belastung, wurde doch hier in ihn eine
Hoffnung gesetzt, die er keinesfalls erfüllen konnte. Tiefe Resignation und
Hoffnungslosigkeit sprechen aus den folgenden Zeilen, die Keßler im Sep-


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