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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 467
(PDF, 140 MB)
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„Seit der Sache Stalingrad bin ich ohne Nachricht.

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alles gefaßt. Und doch hatte ich im stillen gehofft, es könnte auch noch eine
gute Nachricht kommen. Hätte ich diese schmerzliche Nachricht schon
vor 6 Jahren bekommen, wäre es für mich vielleicht leichter zu tragen gewesen
als jetzt. ... Es ist ja so schwer, so einen Brief zu schreiben, aber nun
muß ich diesen Weg gehen und muß stark bleiben, denn ich habe ja meine
beiden Kinder, für die muß ich ja sorgen. Aber den Kindern nun zu sagen,
daß der Papa nicht mehr kommt, fällt mir sehr schwer. ... Ich klammere
mich an alles, was ich noch von meinem lieben Mann erfahren kann. Ich
möchte meinen Kindern auch mal möglichst viel vom Papa erzählen können
. Wie wird mein Mann wohl in seinen letzten Stunden an zu Hause gedacht
haben, wir Drei zu Hause waren für ihn eben alles, und wie schön
könnte bei uns nun alles sein! ..."

Bei den früheren Soldaten ist aus den Briefen zu entnehmen, daß sie das
schreckliche Geschehen anders verarbeiteten als die daheim gebliebenen
Frauen und Eltern. Dies wird deutlich aus einem Brief, den ein Heimkehrer
im September 1947 an Keßler schrieb: „... Ich bin auch bis Juni 1946 in
russischer Gefangenschaft gewesen, in Amawir im Kaukasus. Bekam Typhus
und Distrophie und wurde halbtot entlassen. Es geht uns ja hier bei
den Franzosen auch sehr schlecht, aber man ist daheim. Ich hatte bei den
Russen schwere Zeiten mitgemacht, ich möchte sie meinem größten Feinde
nicht gönnen, ab Juni 1945 wurde es besser. Im Lazarett war es sogar
gut. - Nun lieber Kessler interessiert mich nur eines: Was machen die Gefangenen
von Stalingrad? Mein Sohn Fritz war im Pionierbatl. 305. Seit
15. Januar 43 fehlt jede Nachricht. Glauben Sie, daß er noch leben könnte?
Nachricht haben wir keine bis jetzt erhalten. Ich selbst habe die Hoffnung
aufgegeben. Mein anderer Sohn ist in Italien gefallen, meine Frau 1942 gestorben
, während ich trotz allem Unglück immer mit heiler Haut davonkam
. Nach Stalingrad wurde die 305. neu aufgestellt, ich erhielt die Nachschubkompanie
. 1944 erkrankte ich und kam nach Rastatt. Von dort als
Transportoffizier zu einem Kriegslazarett. In Gleiwitz wurde ich 1945 im
Januar gefangen genommen. Die Schwerverwundeten wurden totgeschlagen
, wir anderen nach Polen transportiert. ..."

Bei der Durchsicht der Briefe ist festzustellen, daß sich die Inhalte im
Laufe der Zeit in ihren Schwerpunkten veränderten. Waren es am Anfang,
also 1947 und 1948, überwiegend Suchbriefe, aus denen materielle und
persönliche Not und Ungewißheit und Verzweiflung sprachen, so kamen
ab 1948 und stärker noch ab 1949 Briefe hinzu, die über Heimkehr von
Kriegsgefangenen oder aber über Gewißheit des Todes von Angehörigen
berichteten.

So informiert eine Ehefrau, die zuvor bei Michael Keßler wegen ihres
Mannes angefragt hatte, diesen im Oktober 1949 über das Schicksal ihres
Mannes, über das sie von einem anderen Heimkehrer aufgeklärt worden
war: „... Mein Mann sei sehr zuversichtlich gewesen, hätte weiters über


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