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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 469
(PDF, 140 MB)
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„Seit der Sache Stalingrad bin ich ohne Nachricht.

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glauben, daß Ihr Mann noch am Leben sei. Dies zu erkennen ist bitter und
schwer, doch kann ich mich nicht zu einer anderen Auffassung durchringen
. Ihnen kann ich nur raten, sich in das Unvermeidliche zu schicken und
die Hoffnung auf die Rückkehr Ihres Mannes aufzugeben. Nicht aus
Gleichgültigkeit und Oberflächlichkeit schreibe ich Ihnen diese bittere persönliche
Meinung, sondern aus tiefster innerster Überzeugung. ... Daß es
Ihnen gelungen ist, Ihr zerstörtes Heim wieder aufzubauen, freut mich
sehr. Hoffentlich dürfen Sie im Kreise Ihrer Kinder noch recht viele glückliche
Jahre darin verleben. ..."

Ein besonderes Problem stellte nach 1945 die finanzielle Versorgung
der Familien von Vermißten dar. Denn die Versorgungskassen und Behörden
zahlten keine Bezüge für ehemalige Soldaten, deren Schicksal nicht
geklärt war. So kann man in einem Brief vom Januar 1948 folgendes lesen:
„Sehr geehrter Herr Keßler! Bei meinem Besuch bei Ihnen gaben Sie mir
den Rat, mich um die Entnazifizierung meines Mannes zu bemühen. Die
Schikane hört ja nicht auf, dauernd muß ich der Sündenbock für ihn sein,
dabei muß ich annehmen, daß er vielleicht schon bald fünf Jahre nicht
mehr lebt. Ich war also kürzlich in dieser Sache auf dem Kult-Ministerium
in Tübingen. Es wurde mir erklärt, daß mein Mann nicht entnazifiziert
würde, solange er nicht da ist. Ich antwortete, daß ich ja dauernd mit allem
in der Luft hänge. Die Herren fragten, ob ich nie etwas über ihn erfahren
hätte. Ich erzählte, was Sie mir über seine Gefangennahme, seinen Zustand
und Verfassung berichtet haben, und was ihre Mutmaßung ist. Darauf rieten
mir die Herren, ich solle mir von Ihnen nochmal einen genauen Bericht
schreiben lassen und davon eine beglaubigte Abschrift zusammen mit einem
Fragebogen einsenden, sie wollten dann sehen, wie weit sie kämen.
Ich möchte Sie, Herr Keßler, nun also bitten, mir nochmal diesen Bericht
zu schreiben. Sie können ruhig schreiben, daß mein lieber Mann Ihrer Ansicht
nach nicht durchgekommen ist, ich weiß ja, daß Sie das glauben und
ich bin nun auch bald so weit. Meine Hoffnung wird immer kleiner. Wenn
ich doch endlich eine Gewißheit hätte. ..." In diesem Zusammenhang tauchen
in der gesammelten Post Keßlers ab 1948 immer wieder Ladungen
vor Gericht auf, um Todeserklärungen amtlich zu dokumentieren. Vom
Februar 1951 ist ein Brief vorhanden, der sich mit dieser Thematik befaßt:
„... Der Grund, warum ich meinen Mann für tot erklären lassen will, ist
der: Mein Mann ist Beamter und ich bekomme, sofern mein Mann nicht
für tot erklärt ist, nur eine Beihilfe. Sobald ich die Todeserklärung in Händen
habe, steht mir die volle Pension zu. Vielleicht verstehen Sie meine
Handlungsweise. Von 1945 - 1949 bekam ich von keiner Seite auch nur einen
Pfennig. Fürsorge wollte ich nicht. Jetzt kommt für uns Hinterbliebenen
-Frauen der Abzug ab 1. März. Ich habe acht Jahre auf meinen Mann
gewartet und sollte er in zehn Jahren erst wiederkommen, findet er seine
Frau, wie er sie verlassen hat. ..." Es war ein schwerer, kaum vollziehbarer


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