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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 515
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Ein schwarzes Dorf wird braun

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wo die SPD und das Zentrum seit 1919 in einer Koalition regierten. In einer
„Denkschrift" der NS-Reichspropagandaleitung zur Reichstagswahl
1932 heißt es, „daß das Zentrum seit 14 Jahren mit der religionsfeindlichen
SPD in Preußen durch dick und dünn gegangen ist und das Anwachsen der
Gottlosenbewegung der marxistischen Freidenker durch seine Duldung ermöglicht
hat."17 Dies sollte den katholischen Wählern vermittelt werden,
damit sich diese vom Zentrum abwenden.

Ganz in diesem Sinne fand am 16. Juli in Steinach eine Wahlveranstaltung
im Gasthaus zur Sonne statt, auf welcher ein Parteigenosse Sührer aus
Karlsruhe einen Vortrag hielt zum Thema „Gebt Hitler die Macht! Kann
ein Katholik Nationalsozialist sein?"18 Immer wieder wurden Vorträge und
Veranstaltungen in verschiedenen Steinacher Gasthäusern abgehalten, die
NSDAP rührte die Werbetrommel.

Auch in Steinach erreichte die NSDAP auf diese Weise bei den Reichstagswahlen
im Juli und November 1932 den Durchbruch. Hatte 1928 noch
kein einziger Steinacher die NSDAP gewählt, so waren es 1930 schon 90
Wähler, 1932 im Juli dann 133 und im November 136, allerdings bei niedrigerer
Wahlbeteiligung. Die Wähler kamen anfangs von den Splitterparteien
und auch vom Zentrum, wobei es sich dabei in der Regel wohl um
nicht praktizierende Katholiken gehandelt hat.19

Eine Rolle beim Aufstieg der NSDAP spielte die schlechte wirtschaftliche
Lage. Allerdings kann man den Zulauf, den die NSDAP damals hatte,
nicht ausschließlich damit erklären. Im Reich herrschte eine hohe Arbeitslosigkeit
und sicherlich war diese auch in Steinach zu spüren, doch durch
die ländliche Struktur ging es vielen besser als in den Städten. Wie hoch
die Arbeitslosenquote im Dorf lag ist nicht bekannt. Sie lag aber wohl weit
niedriger als in Haslach, wo sie am 1. Januar 1933 81,1% betrug.20 Nach
Jürgen Falter wählten die Arbeitslosen in einem hohen Maße den Linksextremismus
.21 Dies kann man zum Beispiel auch an den Wahlergebnissen in
der Nachbarstadt Haslach ablesen, wo die Arbeitslosigkeit hoch war und
die KPD im November 1932 18,9% der Stimmen erreichte.22 Auch in
Steinach kamen die Kommunisten damals auf 10,16%.

Viel wichtiger ist wohl, daß die NSDAP vom Wähler als Protestpartei
gesehen wurde. Der Protest richtete sich gegen die Parteien, die das „Weimarer
System" getragen haben. Man sah in ihnen den Sündenbock für die
allgemeine Misere, ausgelöst durch die Weltwirtschaftskrise und den dem
Deutschen Reich „aufgezwungenen" Friedensvertrag von Versailles, für
dessen Totalrevision Hitler eintrat. Vor allem der „Kriegsschuldartikel"
stieß in weiten Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung.23 Das Vertrauen in
die Parteien der Weimarer Koalition war in weiten Teilen der Bevölkerung
verloren gegangen. Da diese Parteien das Weimarer Regierungssystem etabliert
und getragen haben, war auch dieses in Mißkredit geraten. „Der
Mangel an Loyalität gegenüber der Republik und an tieferen Bindungen an


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