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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 602
(PDF, 140 MB)
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602

Inge Jockers

Die Arbeitskraft der Mutter wurde auf dem Feld gebraucht. So betreuten
die Mädchen oft schon im Alter von fünf Jahren jüngere Geschwister. Die
Arbeit der Mädchen war vielfältig. Wo wenig Kraft, aber eine hilfreiche
Hand nötig war, wurden sie im Haus und auf dem Feld eingesetzt. Sobald
die Mädchen alt genug waren, um die meisten der auf dem Hof anfallenden
Arbeiten zu bewältigen, mußten sie die Magd ersetzen, die daraufhin
entlassen werden konnte.

„Ich hab miesse d'Magd moche. Also in de achte Klasse, hem mir kei Magd mehr
ghoe. Ich war d'Eldeschte un ich hah halt droe miesse. " (1920)

Nach der Schulentlassung galten die Mädchen als vollwertige Arbeitskräfte
. Am Anfang fiel ihnen die tagtägliche harte Arbeit sehr schwer. Auf
mögliche körperliche Beeinträchtigungen wurde keine Rücksicht genommen
. Im Frühjahr mußten die Mädchen beispielsweise die für sie oft viel
zu schweren Steine von den Wiesen tragen. Sie erlebten ihre Überforderung
, aber es gab keinen Ausweg.

„Ich han's als z'erseht, wo ich us de Schuel gsi bin, au fascht nit breschtiert (ertragen
). Bin au eweng einsitig. Ich glaub vum Stei trage, biem Matte ruume. " (1912)

Zum Sonntag gehörte der Gang in die Kirche. Auf dem Nachhauseweg genossen
die Mädchen die knappe Zeit ohne Aufsicht und Verpflichtungen.
Sie waren unter sich und nutzten die Zeit bewußt zur Erholung und zum
Gespräch. Eine Frau lächelte, als sie sich an diese Sonntagnachmittage erinnerte
.

„Am Sundig het mer's schee ghoe. Mer isch halt in d'Kirch am Vormiddag, am
Nomedag in d'Vesper. S'het nix onders gäe, hen miesse. No hem mer ufere Onhöeh
e Wiese ghoe. Do sim mer als nuf un sin uf e Bänkle ghockt un hen durch s'Dal
guckt. Mir Maidli, sunsch niemes. "(1911)

Die einzige Fortbildungsmöglichkeit, die die Mädchen nach der Schulentlassung
nutzen durften, war der pflichtgemäße Besuch der Kochschule. Sie
waren froh, dem eintönigen Arbeitsalltag des Hofes zu entfliehen. Alle anderen
Wünsche der Mädchen, den Hof zu verlassen und als Dienstmädchen
in einem fremden Haushalt neue Erfahrungen zu sammeln oder
die Kurse der sogenannten Winterschule der Landwirtschaftsämter zu besuchen
, blieben unerfüllt. Ihre Arbeitskraft war für Hof und Familie unentbehrlich
.

„Ich hab mol furt welle als Dienstmaidli. No het's gheiße, jetzt hem mer dich groß
zöge, jetz schaffsch au mol ebbis zerscht. Sonscht hätte sie e Magd brucht widder."
(1920)

„Ich war immer deheim. Ich hab net mol in d'Winterschuel derfe domols. De Vader
het gsaid, ich bruch s 'Maidle. " (1936)


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