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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 116
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Walter Ernst Schäfer

zerstörten Kirchen und Pfarrhäuser wieder instand zu setzen. In Willstätt
zum Beispiel hielt man nach Kriegsende den Gottesdienst in einer Hütte ab
und auch die Pfarrfamilie musste mit einer Bretterhütte vorlieb nehmen.
Johann Reinhard ließ innerhalb von drei Jahren in den drei Hauptorten seiner
Grafschaft, in Lichtenau, Bischofsheim und Willstätt auf herrschaftliche
Kosten neue Kirchen errichten. Nicht umsonst wurde er von späteren Historikern
mit dem Beinamen ,Der Wohltätige' geehrt. Man kann sich vorstellen
, wie damals, 1657, der neu erbaute Turm der Willstätter Kirche
über die Brandstätten und die notdürftig erstellten Behausungen der Willstätter
in den Himmel ragte.

Das Festgedicht, das Moscherosch bei dieser Kirchweihe verfasste, trägt
mit Anspielung auf diesen Turm den Titel „Krieges=Sturm und Sieges=
Thurm" und wurde noch im gleichen Jahr 1657 in Straßburg gedruckt.16
Quirin Moscherosch pries darin den Landesherrn mit allen Kniffen der
Rhetorik und mit der Geste dessen, in dessen Macht als Poet es liegt, das
Andenken an einen Fürsten lebendig zu erhalten. Bei einem anschließenden
Festmahl im Freien, in einer ,Lauberhütten', wie es heißt, ging es dann
entspannter zu. Hier brachte Quirin Moscherosch, stellvertretend für alle
Gäste, ja für die Einwohner des Landes, Graf Johann Reinhard einen Toast
in Versen zu:

„Da wollen wir alle mit schalle dem Herren der Herren lobsingen.
Auch unserem Reinhard noch eines auß diesem Reimbächerlein
bringen:

Das wird Er / das weiß ich annehmen mit gnädigen äugen und
Hand/

Von seinem stets Reinen Wort-Diener von Sittewalt / allen bekant. "

Nicht nur das andere Versmaß lässt aufhorchen: Er hat jetzt vom feierlichen
Alexandinervers in der Kirche zum Daktylus gewechselt, den man für
ländliche Feste (,in der Lauberhütte') geeignet hielt. Auch die Anrede „unserem
Reinhard" lässt aufhorchen. Ich kenne kein anderes Lobgedicht auf
einen Fürsten im 17. Jahrhundert, das ihn mit dem Vornamen anredet. Entweder
, denke ich, war Graf Reinhard ungewöhnlich leutselig und legte -
seltener Fall - auf Repräsentanz und Distanz wenig Wert, oder Quirin Moscherosch
stand zu seinem Landesherrn in einem besonders vertraulichen
Verhältnis. Dafür gibt es noch andere Indizien. Im Jahr 1668 erschien eine
umfangreiche Prachtausgabe aller seiner Gedichte an den Grafen und die
Angehörigen des gräflichen Hauses unter dem Titel: ,Hanauische Lob=
Lieb=Lust=Lehr= und Leidgedichte aufgesetzt von Quirin Moscherosch'
mit einem ebenso pompösen Titelblatt.17

Ist Moscherosch gar der Hofpoet des gräflichen Hauses gewesen? Andere
Fürsten hatten solche Hofpoeten. Die Königin Elizabeth von England
unterhält in ihrem Hofstaat immer noch einen Hofpoeten. Für Mo-


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