Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 451
(PDF, 145 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0451
Faszinosum, Filou und Forschungsobjekt: Das erstaunliche Leben des Hellsehers Ludwig Kahn 451

ne des Wortes Lehrgeld zahlen. Denn als Kahn den ersten dieser Verträge
nicht vollständig, den zweiten dann gar nicht mehr erfüllte, obwohl er den
dafür schon ausbezahlten Vorschuss eingestrichen hatte, kam es zum Eklat.
Kahn war dem I.M.I. 4600 Francs schuldig; zudem hatte er inzwischen die
Möbel seiner Wohnung versetzt. Auch der eingeschaltete Gerichtsvollzieher
konnte schließlich nichts mehr ausrichten: Kahn war plötzlich wie vom
Erdboden verschwunden und blieb für die Pariser Polizei unauffindbar. Gerichtliche
Nachforschungen zogen sich zäh monatelang hin. Schließlich
wurde der einst gefeierte Hellseher im Dezember 1928 von der Pariser Justiz
in Abwesenheit zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.96

Ein Filou im freien Fall

Die Ereignisse in Paris und die neuerlichen literarischen Auseinandersetzungen
um seine Person kümmerten Kahn wahrscheinlich herzlich wenig:
Zu einem günstigen Zeitpunkt hatte er sich aus der französischen Hauptstadt
abgesetzt und war nach Luxemburg geflohen. Ab Oktober 1927 finden
wir ihn schließlich in Berlin-Schöneberg.97 Und auch dort, in der
Reichshauptstadt, kam er kurz danach erneut in massive Konflikte mit der
Justiz. Der Witwe eines bankrott gegangenen Großunternehmers hatte er
einen Renntipp für ein Pferderennen vorausgesagt, für das er 20.000 Mark
einsetzen wollte, den Erlös aus dem Verkauf einer Perlenkette, die ihm die
Witwe überlassen hatte. Das genannte Pferd ging tatsächlich als Sieger aus
dem Rennen hervor; allerdings hatte Kahn das Geld gar nicht auf das Pferd
gesetzt, sondern anderweitig verspielt. Die geschädigte Zeugin erklärte, sie
sei der „ungeheuren Suggestionskraft und Ueberredungskunst des Angeklagten
zum Opfer gefallen". Kahn, jetzt als „57 Jahre alter Zigarrenhändler
" bezeichnet, wurde daraufhin vom Schöffengericht Charlottenburg ein
weiteres Mal wegen Betrugs zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Seine
Beteuerungen, er verfüge über „paranormale" Fähigkeiten, nutzten ihm
auch in diesem Prozess nichts.98

Nach Verbüßung seiner Haftstrafe beging Kahn einen weiteren entscheidenden
Fehler und begab sich zurück nach Luxemburg. Dort wurde er am
26. September 1931 von der Polizei als „international gesuchter Betrüger"
festgenommen, nach Frankreich überstellt und in Paris in Untersuchungshaft
genommen.99 Am 9. November 1931 wurde ihm vor der 10. Pariser
Strafkammer erneut der Prozess gemacht und dabei natürlich auf seinen
Vertrauensmissbrauch gegenüber dem I.M.I. sechs Jahre zuvor Bezug genommen
. Das Gericht warf ihm darüber hinaus noch eine Reihe weiterer
Vergehen vor, die jetzt offen gelegt wurden: Einer vertrauensseligen Dame
hatte Kahn 10.000 Francs für eine sichere Wette beim Pferderennen abgenommen
und nicht mehr zurückbezahlt; einem Geschäftsmann hatte er
Möbel für 12.500 Francs verkauft, die dieser aber nicht abholen konnte, da


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0451