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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 647
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Jahrgang 1927: Erinnerungen aus der Jugendzeit in Sasbach

647

Ab Mitte Mai 1940 beschossen diese zwei Ferngeschütze und die Eisenbahngeschütze
die Maginotlinie von Straßburg bis Hagenau im Elsass.

Beim Heumachen in der „Heid", nahe dem Großweierer Wald, konnte
jeweils bei einem Abschuss ein Rauchring in Richtung Achertal beobachtet
werden, so ähnlich wie der in die Luft geblasene Rauchring eines Zigarren
-Rauchers.

In dieser Zeit flogen Verbände von Stukas Ju 87 gut sichtbar und schwer
brummend über uns hinweg in Richtung Westen, sie kamen nach kurzer
Zeit wieder zurück.

Die Ferngeschütze am Murhof und Hübschberg

Zu dem Ferngeschütz am Murhof in Ottenhofen möchte ich Herrn Josef
Herrmann, ehemaliger Lehrer und Schulleiter aus Seebach, und seine Ehefrau
, die am Murhof aufgewachsen ist und Adolf Hitler bei seiner Inspektion
der militärischen Anlagen gesehen hat, zitieren:

Bekannt wurde der Murhof und der benachbarte Hof Hübschberg im
Zweiten Weltkrieg 1939-1945 durch die Geschützanlagen des sogenannten
Westwalls, die im Eiltempo 1938-1939 ausgebaut wurden. In unmittelbarer
Nähe wurde rechts und links vom Bauernhaus „Murhof' eine Geschützanlage
betoniert, mit den dazu gehörigen Munitions- und Mannschaftsbunkern
. Auch zwei Wasservorratsbunker gehörten dazu. Insgesamt sieben
Bunkeranlagen standen schließlich allein auf dem Gelände, das zum Murhof
gehörte. Es wurde als Militärgrundstück vermessen, abgetrennt, und
musste nach verlorenem Krieg wieder zurückgekauft werden.

In der Bauzeit arbeiteten zeitweise 1000 Arbeiter der „Organisation Todt"
bei Tage und ebenso 1000 Mann bei Nacht. Der Bauer Rösch hatte keine ruhige
Stunde mehr, er machte Kontrollgänge, ob nicht jemand mit brennender
Zigarette in Scheune, Stallungen oder Speicherräume sich aufhielt. Schließlich
war auf so einem Hof fast alles frei zugänglich. Beim ersten Einsatz der
Geschütze während des Frankreich-Feldzuges musste die Familie Rösch
vom Feld weg in einen Mannschaftsbunker eilen, wegen des Luftdruckes
den Mund öffnen und die Ohren zuhalten. Auf dem Dach war kaum mehr
ein ganzer Ziegel, die Wände waren größtenteils eingedrückt, nur das Balkengerippe
stand noch. In der Nacht bei Regen und völliger Dunkelheit, es
bestand bei allen Gebäuden Verdunkelungspflicht, zog die Familie mit dem
gesamten Viehbestand nach Seebach und kehrte erst nach einem halben Jahr
wieder zurück, als der Frankreichfeldzug vorüber, das Haus wieder instandgesetzt
und die Geschütze zur Kanalküste abgezogen waren.

In der ganzen Zeit, als die Geschützanlagen existierten, lebte man in
stetiger Angst vor Luftangriffen. Die Familie Rösch war die einzige im
Achertal, die zu Kriegsflüchtlingen wurden und Haus und Hof verlassen
mussten.


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