Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 45
(PDF, 99 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2003/0045
Erasmus von Rotterdam (wahrscheinlich 1469 bis 1536) am Oberrhein

45

mus' Haltung, und als ihm Hadrians Nachfolger den Kardinalshut anbietet,
schlägt er diese Ehre ab. „Ich werde die Kirche ertragen, bis sie besser
wird; sie erträgt mich ja auch, bis ich besser werde." Die Besserung kann
man nicht mit Gewalt von einem Tag zum anderen erzwingen, eine Reform
als Besserung muss langsam vonstatten gehen, und nur die Aufklärung der
Geister wird dauernde Früchte bringen. So schreibt er unverzagt weiter.

1526 will der englische König sich scheiden lassen; dies gibt Erasmus
die Gelegenheit, ein Buch über die Ehe zu schreiben. Dann widmet er ein
anderes der Predigt. Im letzten Buch, das aus seiner Feder geflossen ist,
legt er den 14. Psalm aus: „O Gott, wer wird in deinem Zelt aufgenommen
werden; wer wird deinen heiligen Berg bewohnen." Einsam, weil er nicht
in die Arena herabsteigen will, könnte er niedergedrückt sein. Doch voll
freudiger Zuversicht sieht er seinem Ende entgegen; der frohe Ton hat etwas
Franziskanisches an sich. Einen anderen Psalmenkommentar hatte er
mit De amabili ecclesiae concordia betitelt, „Von der lieblichen Eintracht
der Kirche", zu einem Zeitpunkt, als die Einheit der Kirche auseinander
gebrochen war.

1535 erreichte ihn die Nachricht vom Tode zweier seiner besten Freunde
: Der König von England hatte den früheren Kanzler Thomas Morus und
Bischof John Fisher enthaupten lassen, weil sie sich weigerten, mit der römischen
Kirche zu brechen. Vielleicht haben diese Hiobsbotschaften dazu
beigetragen, ihn wieder nach Basel ziehen zu lassen - das Heimweh wurde
unerträglich. Er wollte die Freunde noch einmal sehen, mit ihnen plaudern
und diskutieren. Sie hatten sich mit mehr oder weniger Begeisterung für
die Reformation entschieden, waren aber trotzdem Menschen, mit denen er
die Vergangenheit wiedererstehen lassen konnte. Und so kam es, dass Fro-
ben und Amerbacher an seinem Sterbelager standen, als er verschied,
nachdem er im Todeskampf, wie er es als Kind gelernt hatte, auch Unsere
liebe Frau um ihre Hilfe gebeten hatte. Im Basler Münster wurde er begraben
.

Man hätte denken können, dass ihm letztlich nichts geglückt war. Die
friedliche Reform hatte er gewollt, es war zum Bruch gekommen. Dass
man Blut vergießen konnte, um jeweils einer Richtung von Religion zum
Siege zu verhelfen - eine solche Möglichkeit ließ ihn erschauern; doch es
kam zu langen, grausamen Religionskriegen. Er wollte mit niemandem
brechen, und so wollten beide Parteien nichts mehr von ihm wissen: Die
Lektüre seiner Bücher wurde verboten, sie standen 1559 auf dem Index der
von der katholischen Kirche verbotenen Schriften. Und doch ist festzustellen
, dass sein Einfluss mehr oder weniger verborgen weiter wirkte. Auf
beiden Seiten der Frontlinie hätte man Menschen finden können, die ihm
viel verdankten: die Reformatoren Zwingli, Butzer und Melanchthon einerseits
, Gropper andererseits. Erasmus' Geist - oder einen Teil davon -
kann man in vielen Werken des späten 16. und 17. Jahrhunderts spüren.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2003/0045