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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 49
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Das freie Reichstal Harmersbach - Über die schwierige Wahrnehmung von Geschichte

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Karl Siegfried Bader, ein Schwarzwälder wie Hansjakob, formulierte 1967
in seinen „Studien zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dorfes"
knapp und ruppig: „die freie Urmark-Genossenschaft erscheint uns als juristische
Fehlkonstruktion, ... im historischen Bereich jedenfalls der Frühzeit
ist für sie kein Raum."8

Die Bauern in Hansjakobs Erzählung vom letzten Harmersbacher
Reichsvogt führten ihre „Freiheit" noch in „unferdenkliche Zeiten" zurück
. Leider kann ihnen der Historiker keine Belege nachreichen. Auch
Karl-August Lehmann beginnt seine materialreiche Geschichte des Tales9
erwartungsgemäß mit jener Papsturkunde von 1139, worin uns zum ersten
Mal der Name „Harmersbach" schriftlich überliefert ist.10 Die „unfürdenk-
lichen Zeiten " sind da schon kräftig zurückgestutzt, und von „freien Bauern
" finden wir darin keine Spur. Dafür aber verbindet der Urkundenaussteller
, Papst Innozenz II., das Harmersbachtal mit der Abtei Gengenbach,
die er nun durch einen Rechtsakt in seinen apostolischen Schutz und
Schirm nimmt: „Was immer das Kloster als Besitz und Güter innehat, das
soll es für alle Zeit ungeschmälert behalten." Zur besseren Übersicht werden
die Namen vier Großräumen zugewiesen: Ortenau, Breisgau, Elsass
und Schwaben. In der Ortenau selbst sind zwei Besitzkomplexe getrennt
aufgeführt: 1. Das Vordere Kinzigtal mit sieben Orten: Gengenbach, Zell,
Steinach, Harmersbach, Reichenbach, ein Viertel der Burg Geroldseck und
Nordrach. Für alle gilt der Zusatz: „mit Wäldern und Gewässern und
allem, was dazu gehört". - 2. Die Rheinebene mit fünf Orten: Ichenheim,
Schopfheim, Kinzigdorf, Linx und Tutschfelden (bei Herbolzheim).

Das erste schriftliche Zeugnis, in dem uns der Name „Harmersbach" begegnet
, präsentiert uns das Tal als Teil einer umfangreichen geistlichen
Grundherrschaft. Wie die „freie Marktgenossenschaft" ist auch dieser
Begriff ein moderner, historisch-juristischer Ordnungsbegriff.11 In den
Quellen ist er erst am Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar. Er kennzeichnet
eine fundamentale Organisationsform der mittelalterlichen Gesellschaft
: die Verfügungsgewalt eines Herrn über Grund und Boden und die
Herrschaft über die Menschen, die auf diesem Grundeigentum lebten und
arbeiteten. Dabei begründete nicht die Vergabe von Land das eigentliche
Herrschaftsverhältnis, sondern die Gewährung von Schutz und Schirm.
Auch Maurer konstatierte diese Grund-Herrschaft als wichtige Gegebenheit
der älteren Gesellschaftsordnung, freilich unter negativem Vorzeichen.
Er sah deren Ausgangspunkt in der Zersplitterung der alten Marken in lauter
Sondereigentum und leitete daraus die Entstehung von Ungleichheit des
Besitzes ab. Dort, wo die wirtschaftliche Macht sich in der Form von
Großgrundbesitz summierte, traten auch Befugnisse öffentlich-rechtlicher
Natur hinzu, verliehen oder usurpiert.

Auch dieser Akkumulationstheorie trat Alfons Dopsch energisch entgegen
. Er bestritt zwar nicht, dass das Grundeigentum eine wesentliche Rolle


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