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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 180
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Frank Schräder

ten in Straßburg kaufte.4 (Durch die Wolfacher Flößer bestanden schon seit
langer Zeit enge wirtschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen
zum Elsass.)5 Es wäre allerdings auch denkbar, dass einer der 25 Wolfacher
Soldaten, die 1870/71 am Deutsch-Französischen Krieg teilnahmen,6
den Marsch mitbrachte. Jedenfalls ist er der älteste Narrenmarsch in Südwestdeutschland
, denn erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden
auch an anderen Orten Narrenmärsche.7

An der Fasnet 1929 froren bei eisiger Kälte um minus 20 Grad die Instrumente
der Narrenkappelle ein.8 Nichtsdestotrotz erklang bei den Umzügen
der Michelesmarsch, denn er basiert auf einem nur aus Naturtönen
bestehenden Fanfarenthema, das die Kapelle auch ohne die fest gefrorenen
Ventile spielen konnte.

Johann Sebastian Bach (1685-1750) verwendete in mindestens neun
seiner Werke, beispielsweise im Weihnachtsoratorium in der Bass-Arie
„Großer Herr, o starker König", verschiedene Varianten eines Fanfarenthemas
, die sich auf ein gemeinsames Grundmodell zurückführen lassen.9
Werden die Noten dieses Grundmodells mit Ausnahme der Noten drei und
vier um eine Oktave nach oben transponiert und wird zwischen den Noten
vier und fünf eine Note eingefügt, so ergibt sich der Beginn des Micheles-
marsches; auch alle weiteren Zeilen des Marsches sind aus dem Grundmodell
ableitbar (siehe Notenbeispiel 1).

Das Fanfarenthema stammt nicht von Bach selbst, sondern findet sich
bereits in alten Quellen u. a. als ein jagdlicher Grüßruf vor dem Halali und
als Teil des Hofzeremoniells am Dresdner Hof zur Ankündigung und Eröffnung
von feierlichen Ereignissen.10 Im Signalrepertoire der französischen
Armee lässt es sich im 17. Jahrhundert mehrfach nachweisen. Neben
Bach zitierten beispielsweise auch Heinrich Ignaz Franz Biber
(1644-1704), Georg Philipp Telemann (1681-1767) und Michael Haydn
(1737-1806) dieses Thema in ihren Werken.

In Elzach ist eine „Fanfare in Es" überliefert, mit der dort zumindest seit
1947, vermutlich aber schon wesentlich länger, am Fasnetsunndig um
12 Uhr das Nahen der beiden Kutschen, von denen aus der Narrenrat die
Fasnet ausruft, angekündigt wird, gespielt von zwei Fanfarenbläsern auf einer
der Kutschen (siehe Notenbeispiel 2)." Diese Fanfare stammt möglicherweise
aus einer Sammlung französischer Militärmusik und basiert
ebenfalls auf dem oben erwähnten Grundmodell, weshalb sie in manchen
Takten auch mit dem Michelesmarsch übereinstimmt.

Nach Auskunft des Deutschen Volksliedarchives in Freiburg (DVA)
sind sowohl das Fanfarenthema als auch der Michelesmarsch aufgrund
ihrer Akzenttöne gd-dd' (in der Tonart G-Dur, auf die der Melodiekatalog
des DVA basiert) verwandt mit der Melodie des Volksliedes „Häsleins
Klage" („Ich armer Has im weiten Feld"), von der es mehrere Varianten
gibt.12


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