Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 278
(PDF, 99 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2003/0278
278

Manfred Ziltel

o Norden! ihr fürchterlichen Pole. - Drei Wochen später schildert er Schel-
ling seine ersten Eindrücke von Göttingen: Alles speist hier auf dem Zimmer
, den ganzen Tag ist man allein, vor lauter Langeweile muß man gelehrt
werden. Indessen gefällt es mir hier sehr wohl, die Stadt ist heiter,
weit und reinlich, wenn nicht etwa hie und da ein altes gebrechliches Haus
zusammenstürzt. (24. Mai 1805)

Okens Ziele, die er mit dem von Sendling vorgeschlagenen Wechsel
nach Göttingen verfolgte, lassen sich so zusammenfassen: 1.) Er wollte
seine Kenntnisse erweitern und vertiefen. 2.) Er wollte weiter forschen
und das Erforschte publizieren, um so bekannt zu werden oder gar Aufsehen
zu erregen (Ausdrücke, die er wiederholt in seinen Briefen verwendet
), wobei er hoffte, sich durch das Erforschte habilitieren und durch dessen
Publikation seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können. 3.) Er
wollte Beziehungen zu einflussreichen Wissenschaftlern anknüpfen und
ihre Anerkennung gewinnen, um mit ihrer Unterstützung schließlich an einer
Universität eine der raren Professorenstellen zu erlangen. Diese sollte
ihm die finanzielle Basis bieten, um heiraten und um schließlich seine
ganze Arbeitskraft der Wissenschaft widmen zu können, was sein eigentliches
Lebensziel war.

Eine Enttäuschung war für Oken der ihm von Schelling empfohlene, angesehene
Prof. Blumenbach. In einem Brief an Schelling ließ Oken kein
gutes Haar an ihm: Unter uns gesagt, Blumenbach ist in seinen Vorlesungen
, ich will nicht sagen Charlatan, aber Possenreißer und Raritätenkrämer
, wie mir noch keiner vorgekommen. Über andere Professoren spricht er
sich positiver aus; aber man gewinnt nicht den Eindruck, dass Oken hier
noch viel von anderen lernt, was in Würzburg anders gewesen war. Der
einzige große Gelehrte in Göttingen sei für ihn der große Bücherpalast, die
Universitätsbibliothek (24. Mai 1805). - Oken ist geradezu überwältigt von
ihr, sodass er in seinem ersten Göttinger Brief an Keller schon zu Beginn
seiner Begeisterung freien Lauf lässt: Ich habe bis diesen Augenblick [das
heißt, in seinen ersten drei Monaten] ... immer nur aus der hiesigen Bibliothek
zusammengescharrt. Es ist ungeheuer, wie man hineingezogen wird
bei einem solchen Reichtum an Werken ... Beschämt und elend steht die
neue Welt da in einem solchen Koloß an Gelehrsamkeit ... Du siehst nun
wohl, was es mich kostet, alle Folianten nachzuschlagen, um nicht mit einer
Idee großzutun und sie für Eigentum zu verkaufen, die doch schon uralt
ist ... Nur in Göttingen kann man gewahr werden, was man alles nicht
weiß, und auch stolz werden, daß man dieses Nichtwissen weiß, daher
denn die hiesigen Gelehrten auf alle verächtlich herabblicken, die sich
gelehrt dünken, aber eigentlich bloß ihre Unwissenheit nicht wissen.
(13. Aug. 1805) Während seiner Göttinger Zeit nutzt Oken mit ungeheurem
Fleiß diese unerschöpfliche Fundgrube, um sein Wissen zu erweitern.
Als später der Wechsel nach Jena bevorsteht, klagt Oken dem Freund: Es


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2003/0278