Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 287
(PDF, 99 MB)
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Lorenz Oken im Spiegel seiner Briefe an den Freund Matthias Keller

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liege, und er fordert ihn auf: Unterlaß jetzt nichts, lauf, spring, bitte, beschwöre
, klage. (12. Febr. 1810) Er bietet an, sich in Karlsruhe bei der Regierung
für ihn einzusetzen, überlegt, welche anderen, einflussreicheren
Männer das tun könnten und anderes mehr. Doch scheint er selbst nicht an
einen Erfolg zu glauben, denn er beginnt schließlich wieder ausführlich die
Möglichkeiten einer Laufbahn an der Universität zu erörtern, einleitend
mit der Frage: Sag einmal, fühlst Du Dich zu schwach, Vorlesungen zu halten
? So scheint es zu sein. Bis in das Jahr 1811, in dem Okens Briefe an
Keller abbrechen, hat sich an dessen beruflicher Situation nichts geändert.
Zehn Jahre nach Abschluss seines Studiums sitzt Keller immer noch in
Oberrimsingen; Okens Bemühungen, so engagiert und gut gemeint sie
auch waren, blieben vergeblich. Es lässt sich nicht sagen, ob die Zeitumstände
oder Kellers Persönlichkeitsstruktur die Hauptursache dafür waren.

Es würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen, wollte man aus
Okens Briefen die schier unendliche Geschichte von Kellers angestrebter
Verbindung mit Eve Heinrich, der Tochter eines vermögenden Arztes in
Bamberg, und Okens Anteilnahme daran im Detail nacherzählen. Dies ergäbe
eine eigene zeitgeschichtliche Studie, und sie würde uns heute fast
unglaublich erscheinen. Fassen wir daher zusammen: Keller hatte einen
Teil seiner medizinischen Ausbildung in Bamberg absolviert und war dort
auf die noch nicht gebundene Arzttochter hingewiesen worden. Er muss
nach Baden zurückgekehrt sein, ohne sie zuvor persönlich kennen gelernt
zu haben. Doch entspann sich ein Briefwechsel (ab 1803 oder früher) zwischen
ihnen, in dem eine eheliche Verbindung angestrebt wurde, was aber
nicht bekannt werden durfte. Für Eves Familie kam eine Heirat mit Keller
jedoch kaum in Frage, solange er keine bessere berufliche Position vorzuweisen
hatte. Oken war von Anfang an der Vertraute Kellers in Bezug auf
Eve. Da Keller beruflich keine Fortschritte machte, stagnierten auch die
Ehepläne. Durch die Briefe Okens erfahren wir, dass das Warten und Bangen
noch im Jahr 1811 andauerte, nachdem die Beziehung bis dahin manche
dramatische Phase durchlaufen hatte. Oken nahm auch hier steten Anteil
. Als es 1810 mit dem Heiraten ernst zu werden scheint, schreibt er an
Keller: Ehe Du sie heurathest, mußt Du sie [Eve] dürfen sehen, und sie und
die Eltern Dich (10. Dez. 1810). Zwei Monate später: Ein Portrait kann ich
Dir sicher von ihr zum Ansehen schicken ... Wenn Du das Deinige schon
hast machen lassen, so schicke es ... (12. Febr. 1811). - Acht Jahre lang
haben zwei junge und dann schon nicht mehr so junge Menschen aufeinander
gewartet, ohne sich je wenigstens im Bild gesehen zu haben! (Sie lebten
sechs Tagereisen voneinander entfernt.) Während dieser Zeit durften
sie ihren untadeligen Ruf nicht durch Bekanntschaften mit Menschen des
anderen Geschlechts gefährden.

Bemerkenswert ist Okens realistische Einstellung zu der Geschichte. Er
bringt zwischendurch Alternativen ins Spiel: ... solltest Du aber im Breis-


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