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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 348
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Karl Maier

Am 5. Dezember 1818 berichtete das Bezirksamt Appenweier über folgenden
Fall: An einem Abend im November kehrte ein fremder Fuhrmann,
angeblich auf einer Reise in die welsche Schweiz, beim Großherzogswirt
in Zimmern ein. Er hatte zwei Pferde und einen Wagen dabei, der mit
„weißkölnischer Pfeifenerde beladen war". Der Fuhrmann blieb über
Nacht, ging am nächsten Morgen ohne Pferde und Wagen wieder fort und
erklärte, in drei Tagen wiederzukommen, man möge nur die Tiere tüchtig
füttern. Nach fast einem Monat war er noch nicht da. Nun drohte das Bezirksamt
Pferde und Wagen zu versteigern, wenn der Fremde sich nicht
melde.48

Einen wahrscheinlichen Selbstmord aus Ergersbach, Stabsvogtei Durbach
, benutzte das Amt zur moralischen Erziehung seiner Untertanen. In
der Wohnung eines Rebbauern wurde eines Morgens ein 70-jähriger Bettler
, der über Nacht am Ofen hatte schlafen dürfen, erhängt aufgefunden.
Die polizeiliche Untersuchung konnte keine fremde Gewalteinwirkung
feststellen. Der Mann, schon viele Jahre in der Gegend bekannt, war 1778
als Soldat im Krieg zwischen Österreich und Preußen im Feld gestanden.
„ Von einiger Erziehung und Religionsgrundsätzen hatte er nie die mindesten
Spuren gezeigt. "49

Zweifellos um eine ähnlich abschreckende Wirkung zu erzielen, veröffentlichte
das Amt auch Berichte über Strafurteile aus Nachbarbezirken.
Den Bäckergesellen Johann Nepomuk Burg aus Offenburg hatte man
wegen Betrügereien eingesperrt, er konnte aber entfliehen. Das Hofgericht
in Rastatt sprach trotzdem ein Urteil: Der Delinquent muss die Kosten der
Untersuchung tragen, sein Vermögen wird eingezogen, sein Name soll am
Galgen angeschlagen werden.50

Die Funktionen des Amtes in der militärischen Organisation des Landes
waren beträchtlich. Außer in Kriegszeiten liefen alle Aktionen über den
Amtmann. Er wies bei der Konskription, der Aushebung der jungen Männer
für die Armee, die geistlichen und weltlichen Vorgesetzten der Dörfer
sowie die Lehrer an, die Listen über die aufgerufenen Jahrgänge sorgfältig
anzufertigen und die Rekruten auf einen bestimmten Tag zusammenzurufen
. Manchmal fand die Auslosung der künftigen Soldaten, das „Melissen-
Spielen", auf dem Amtshaus statt.

Nach der Einberufung oder auch während der Dienstzeit kamen immer
wieder Probleme auf das Amt zu: Der Wehrdienst war unbeliebt und manche
Rekruten liefen davon, bevor sie eingezogen waren; aber auch von jenen
, die schon lange im Sold standen, verließen nicht wenige unerlaubt die
Kaserne. Es lag nun an den Beamten, sie alle wieder einzulangen.

1811 desertierten 20 Soldaten aus dem Amtsbezirk, je einer aus Renchen
, Nußbach und Zusenhofen, je zwei aus Appenweier und Wagshurst,
sechs aus Durbach und sieben aus Urloffen. Das Amt forderte die Deserteure
im Anzeigeblatt auf, sich binnen sechs Wochen persönlich zu verant-


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