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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 19
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2004/0019
Wanderungsbewegungen im Umfeld der Revolution

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Auswanderung lediger Frauen mit unehelichen Kindern, von Waisen, Arbeitslosen
, Proletariern und mit dem Gesetz in Konflikt geratenen Personen
, die möglichst wenig Vermögen aus dem Land abzogen, wurde besonders
gerne gesehen, ja zum Teil massiv forciert. Im Jahre 1858 wurde
Franziska Maier aus Oberkirch in Baden-Baden wegen Betteins in obrigkeitlichen
Gewahrsam genommen. Die schon mehrere Male wegen Landstreicherei
aufgegriffene Maier wurde zu einer 10-monatigen Gefängnisstrafe
verurteilt, die sie im Kreisgefängnis Mannheim abzusitzen hatte.
Doch kaum dort eingeliefert, machte man ihr ein verlockendes Angebot.
Unter der Bedingung sofortiger Auswanderung nach Amerika wolle man
ihr die Strafe erlassen; die Stadt Oberkirch ihrerseits hatte sich dazu bereit
erklärt, die Überfahrtskosten in die Neue Welt zu übernehmen. Eine auf
den ersten Blick für alle Seiten befriedigende Lösung. Der großherzogliche
Staat sparte die Kosten für den Gefängnisaufenthalt, Oberkirch konnte sich
mit der einmaligen Investition von 50 fl. von allen späteren Unterstützungsverpflichtungen
loskaufen und Franziska Maier bekam eine neue
Chance jenseits des Atlantiks.14

Wie Oberkirch zahlten die meisten Gemeinden ebenfalls direkte Zuschüsse
, um lästige Bürger los zu werden. Lästig waren im wahrsten Sinne
des Wortes diejenigen, die der Gesamtheit jetzt oder später zur Last fallen
konnten. Die Moral spielte dabei eine untergeordnete Rolle, was zählte,
waren die nackten Zahlen.

Diese staatlich geförderte Auswanderungspolitik, die als Ventil für die
sozialen Probleme dienen sollte, erzielte jedoch nicht den gewünschten Effekt
. Sehr bald setzte sich die Erkenntnis durch, dass man sich mit der
Auswanderung zwar der Armen entledigen konnte, die Ursachen für die
Armut allerdings weiter bestehen blieben. Die Politik einer Förderung von
Landwirtschaft und Gewerbe - Bemühungen um eine bessere Feldeinteilung
, Begrenzung der Freiteilbarkeit der Grundstücke, genaue Vermessung
aller Liegenschaften zur Sicherung der Rechtsverhältnisse, Verbreitung
landwirtschaftlicher Kenntnisse durch landwirtschaftliche Lehranstalten
und Wanderlehrer, ergänzt von Maßnahmen zur Gewerbeförderung wie
Ausbau der verkehrlichen Infrastruktur, Errichtung von Gewerbeschulen,
Förderung von Ausstellungen - setzte nicht zufällig Mitte der 50er Jahre
des 19. Jahrhunderts ein.

Doch kehren wir zurück zur Begründung dieses notwendigen Forschungsprojekts
:

3. Fällt in diese Zeit das Jahrhundertereignis der Deutschen/Badischen
Revolution der Jahre 1847-1849. Die mit dem Scheitern dieser Revolution
hinzukommende Auswanderung aus politischen Gründen fällt zwar angesichts
der Zahl der aus wirtschaftlicher Not auswandernden Personen nicht
übermäßig ins Gewicht. Allerdings wanderten nun und zum ersten Mal Intellektuelle
(Mediziner, Lehrer, Advokaten) in nennenswerter Anzahl aus,


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