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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 30
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Marlin Ruch

Sprache. Aus dem Nordwesten Indiens wurden, so der heutige Forschungsstand
, die Roma (übergeordneter Begriff; Sinti meint die in Deutschland
ansässigen Roma) zwischen 1000-1200 n.Chr. in Richtung Westen vertrieben
. Um das Jahr 1300 sind ihre ersten Gruppen bereits in Konstantinopel
anzutreffen. Längere Zeit hielten sie sich in Persien, Armenien und im Byzantinischen
Reich auf, und überall nahmen sie Wörter der dort gesprochenen
Sprachen in ihren Wortschatz auf. Bis heute sind deshalb im Romanes
solche Lehnwörter nachweisbar.

Die Sinti wanderten kurz nach 1400 auch in Deutschland ein. Bemerkenswert
ist, dass die ersten Begegnungen friedlich verliefen. Zwar registrierte
man, wie 1417 in Magdeburg, die eigentümliche Lebensweise und
Hautfarbe der Fremden: „Die tanzten auf dem Fischmarkt einer dem andern
auf den Schultern und hatten wunderliche Gebärden. Unsere Herrn
schenkten ihnen ein Faß Magdeburger Bier und ein Rind und Brot. " Aber
man empfing sie im Grunde freundlich und mitleidsvoll. In Zürich meldete
man sie 1418, in Basel 1422, und für die ganze Schweiz wurde festgestellt:
„Sie hielten christliche Ordnung, trugen viel Gold und Silber, daneben
aber arme Kleider, (...) bezahlten ihr Essen und Trinken." Die Stadt Colmar
stellte ihnen 1422 sogar einen Schutzbrief aus. Andere Städte folgten,
schließlich hatten auch der Kaiser, Könige und viele andere Landesherren
solche Briefe ausgestellt. Man achtete die fremden Gäste, die „elenden
Leute", die aus dem Elend, also der Fremde, gekommen waren, aus christlichem
Gebot.

Dann allerdings entwickelte sich eine negative Einstellung, die sich aus
handfesten politisch-gesellschaftlichen Gründen ableiten lässt: Die Türken
rückten immer weiter Richtung Westen vor, zum Abwehrkampf benötigte
man viel Geld, und es wurde das Gerücht in die Welt gesetzt, die Sinti
seien Spione der Türken. Das war dann das entscheidende Argument für
den Beginn der offiziellen Verfolgungen. Im Freiburger Reichstagsabschied
wurden 1498 die Sinti als vogelfrei erklärt, weil man erfahren haben
wollte, dass sie „Erfahrer, Ausspäher und Verkundschafter der Christenlande
seien". Der Hintergrund war allerdings, dass der Kaiser ein neues
Steuerpaket inklusive Kriegssteuer durchbringen wollte. Und dazu brauchte
er ein gutes Feindbild. In dieser Urkunde sind die Sinti dann auch endgültig
als „Zigeuner" bezeichnet.

Erste Belege aus unserer näheren Region finden wir in Straßburg, wo die
Chroniken 1504 über sie berichten: „Item als Zygeiner harkommen, sol
man in sagen, bis imbs hinweg oder in thurn legen" (Wenn Zigeuner kommen
, soll man ihnen sagen, geht hinweg oder man soll sie in den Turm legen
). 1510 heißt es: „Item als die Zyginer aber in das Laut kommen, sol
man in hinweg gebieten, wöll man ergrifft, sol man annemen, welcher stielt,
sol man strecken, und mit Margrafe, Episcopo und Bitsch reden; herren bedenken
. " Und aus dem Jahr 1515 erfahren wir: „Die Zy geiner soll man alle


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