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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 47
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Sinti & Roma - Ihre Vergangenheit und Gegenwart

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Um sich ein genaueres Bild von den Auswirkungen des Völkermordes
an den Sinti und Roma - Genozid, Zwangsarbeit, Verfolgung, medizinische
Experimente, eugenische Maßnahmen und der Zerstörung großer
Teile ihrer Kultur - machen zu können, ist es von besonderer Bedeutung,
den Charakter und den Modus der nationalsozialistischen „Zigeunerpolitik
" in seiner Komplexität ineinander greifender und/oder konkurrierender
Instanzen und Institutionen zu verstehen, die sich nach Kräften mühten,
Städte, Kommunen, Behörden, Schulen etc. „juden- und zigeunerfrei" zu
machen.

Die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma begann schon kurz nach
dem ersten Eintreffen ihrer Vorfahren in Europa und nicht erst mit Beginn
der Nazi-Diktatur. Genauso wie im Falle der Juden sind die Vorurteile gegen
Sinti und Roma schon Jahrhunderte alt. Sie galten als verantwortlich
für Pest, als Türkenspione usw. Als Asoziale, Arbeitsscheue und Kriminelle
beschimpft man sie ja noch bis heute. Und bestenfalls werden sie mit
herablassendem Wohlwollen als „Problemfamilien" oder fremdartige
„Randgruppe" betrachtet.

Bereits im Jahre 1931 hatte eine Stelle der SS in München mit der Erfassung
der Juden und Zigeuner, den beiden so genannten „außereuropäischen
Fremdrassen", begonnen. Kurz nach der Machtergreifung der Nazis
wurde im Jahre 1936 im Reichsinnenministerium in Berlin das „Rassenhy-
gieneinstitut" unter Leitung des Tübinger Nervenarztes Dr. Robert Ritter
und seiner Mitarbeiterin Eva Justin eingerichtet.

In den meisten Fällen wurden medizinische Experimente an Häftlingen
von Himmler selbst angeordnet, meist in Absprache mit Nebe und Reichsarzt
Dr. Grawitz. Die Koordination der Experimente erfolgte durch den
Chef des Amtes D II des SS-Wirtschafts-Verwaltungsamtes Dr. Enno Loiting
; in seiner Verantwortung lag es auch, die Häftlinge den Ärzten in den
Konzentrationslagern für die unterschiedlichsten Zwecke zur Verfügung zu
stellen.

Sinti und Roma wurden unter anderem zu folgenden medizinischen Experimenten
missbraucht: Fleckfieber-, Typhus- und Senfgasversuche, Versuche
zur Sterilisation und Kastration mit Röntgenstrahlen und Pflanzengift
, Meerwasserexperimente und Kälteschockversuche. Außerdem wurden
von Dr. Mengele Versuche an eineiigen Zwillingen durchgeführt. All diese
Experimente waren für die Opfer mit unsagbaren Qualen verbunden und
führten meist zum Tod.

Die Deportation von Sinti- und Roma-Kindern aus Heimen
in die Vernichtungslager

Besonders tragisch war das Schicksal der Sinti- und Roma-Kinder in Kinderheimen
. Viele dieser Kinder waren dorthin eingewiesen worden, nach-


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