Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 136
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Alexander Martin

und wir Russlanddeutsche haben den guten Ruf verloren. Die Medien
schreien an jeder Ecke, sie seien Russen, seien Kriminelle usw. Wir Russlanddeutsche
sind uns unserer Schwächen bewusst und schämen uns dafür.
Wir sind aber empört, wenn man nur Schlechtes über uns schreibt.

Vor allem geht es um die Jugend und die macht auch uns Sorgen, aber
es sind doch weit nicht alle Jugendlichen so, wie man sie in den Medien
hinstellt. Und warum greift man nur immer das Negative heraus und
schreibt nicht über das Positive von unserer Jugend? Warum schreibt man
nicht über den 13-fachen Deutschen Meister im Gehen, der als Bauingenieur
in einer Baufirma in Offenburg tätig ist, der Teilnehmer bei Weltmeisterschaften
und anderen Wettkämpfen war, dass auch er aus Russland
kommt? Warum verschwieg man, dass 28 jugendliche Russlanddeutsche
das Land Deutschland bei den letzten Olympischen Spielen in Australien
vertreten haben, dass Leo Stefan in der deutschen Eishockey-Mannschaft
ein Russlanddeutscher ist und dass in der relativ kleinen Mannschaft der
Gewichtheber in Offenburg drei junge Männer aus Russland kommen (fast
die Hälfte der Mannschaft), mit ihrer kräftigen Unterstützung ist die Germania
in die Oberliga aufgestiegen. Zwei von diesen Athleten sind meine
Neffen, sie haben beide hier eine Lehre gemacht und waren noch nie arbeitslos
. Es gab über die Germania Mannschaft schon Zeitungsberichte
auch mit Abbildungen, aber man erwähnte nicht, dass drei von den Athleten
aus Russland kommen, sollte aber einer von ihnen morgen „stolpern",
so wäre übermorgen in der Zeitung zu lesen, dass ein Aussiedler, ein Russlanddeutscher
bzw. ein Russe wieder in einer schlechten Erscheinung aufgefallen
sei. Wahrscheinlich lässt es sich mit negativen Berichten leichter
Stimmung machen? Es ist ja schon lange bekannt, dass man mit Sport die
Jugendlichen von der Straße holen kann und ihre überflüssige Energie in
andere Bahnen lenken kann.

Auf Initiative der Offenburger Oberbürgermeisterin soll den Jugendlichen
in den Abendstunden freier Eintritt in die Sportanlage gewährt werden
, und das finde ich gut, das kann sich lohnen. Ich glaube, die Jugendlichen
, bei denen das Geld knapp ist, finden das auch gut.

Was geht aber im Kopf eines jungen Russlanddeutschen vor, der als
Kind vor 14 Jahren nach Deutschland kam, hier die Schule absolvierte, einen
Beruf erlernte, der mit einem einheimischen Mädchen befreundet ist
und mit ihr in die Diskothek gehen will? ...

In Amerika gab es früher Schulen für Schwarze und Schulen für Weiße,
Busse für Schwarze und Busse für Weiße. In Deutschland gibt es so was
Gott sei Dank nicht und die Russlanddeutschen haben auch keine besonderen
Merkmale, an denen man sie erkennen könnte. Sie haben aber einen
Personalausweis, in den das Geburtsland bzw. der Geburtsort eingetragen
ist. Und das wurde diesem jungen Mann aus Russland, der eine einheimische
Freundin hat, zum Verhängnis. Seine Freundin ging voraus und pas-


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