Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 154
(PDF, 115 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2004/0154
154

Uwe Schellinger

beiten angefordert und danach am 13. September 1944 im Alter von
32 Jahren bei einem Luftangriff auf den nahe Mahlberg gelegenen Bahnhof
in Orschweier getötet.56 Zumeist wurde es den Zwangsarbeitern nicht
erlaubt, Zuflucht in Luftschutzvorrichtungen zu suchen. Barans Tod könnte
durchaus auf diese Bestimmung zurückgeführt werden.

Zygmunt Baran war nur einer von vielen Zwangsarbeitern, die in Mahlberg
und Orschweier arbeiten mussten. Während des Zweiten Weltkriegs
waren dort schätzungsweise 60-80 Menschen als Kriegsgefangene oder
Zivilarbeiter/innen im Einsatz, die meisten von ihnen in der Landwirtschaft
.57 Eine im Stadtarchiv Mahlberg vorhandene Aufstellung aus der
unmittelbaren Nachkriegszeit gibt zudem Auskunft darüber, dass in Mahlberg
aufeinander folgend zwei Arbeitskommandos mit ausländischen Arbeiter
/innen eingesetzt waren. Das erste Kommando war „ungefähr 4 Jahre
" in Mahlberg und setzte sich aus „franz. Staatsangehörige[n]" zusammen
, bei denen es sich wahrscheinlich um Kriegsgefangene handelte. Im
letzten Kriegsjahr befand sich dann das Arbeitskommando 6048 in Mahlberg
. Eine Liste der ausländischen Arbeiter/innen aus diesem Kommando
nennt namentlich 25 Polen, 5 Polinnen, 11 Franzosen, 5 Französinnen, 5
Russen, 7 Russinnen, 2 Lettinnen, 4 Rumänen, 3 Rumäninnen, 7 Jugoslawen
, 1 Slowenen und 3 Sloweninnen. Unter diesen befanden sich 11 Kinder
unter 13 Jahren sowie zum Teil ganze Familien. Bei den erstgenannten
25 Polen dürfte es sich um Kriegsgefangene gehandelt haben, alle anderen
waren wahrscheinlich so genannte Zivilarbeiter. Aus der vorliegenden Liste
geht der genaue Status der einzelnen Arbeiter/innen jedoch nicht hervor.
Es bleibt damit unklar, wie groß der Anteil derjenigen Personen war, die
unter Druck oder Gewaltanwendung nach Deutschland gekommen waren
oder welche Arbeiter/innen sich freiwillig zur Arbeit in Deutschland verpflichtet
hatten, etwa Personen aus den mit Deutschland verbündeten Nationen
. Man unterscheidet inzwischen vier Formen der Rekrutierung ausländischer
Zivilarbeiter/innen aus verbündeten oder von Deutschland besetzten
Gebieten: a) die reine, repressionsfreie Anwerbung, b) die Anwerbung
mit maßgeblicher Beeinflussung der Existenzbedingungen, c) die
zwangsweise Aushebung ganzer Jahrgänge sowie d) die Deportation und
Verschleppung unter Gewaltanwendung. Sehr unterschiedlich war demzufolge
auch die Behandlung der verschiedenen Nationalitäten bzw. der ethnischen
oder religiösen Gruppen, wobei Personen aus verbündeten Staaten
wie etwa Rumänien oder Italien rechtlich besser gestellt und entsprechend
privilegiert waren. Weitere erhebliche Unterschiede wurden zwischen
Westarbeiter/innen (etwa aus Frankreich) und Ostarbeiter/innen (etwa aus
Polen oder Russland), für die eine diskriminierende Kennzeichnungspflicht
bestand, gemacht. Eine differenzierte Betrachtungsweise hinsichtlich der
einzelnen Nationalitäten und Gruppen von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter
/innen ist unbedingt angeraten.58


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2004/0154