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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 198
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Frank Flechtmann

gen."64 Einzelne Häftlinge erhielten zeitliche Sperren, wenn man ihnen etwas
zu schmuggeln versucht hatte, vor allem Geld. „Nacht und Nebel"-Ge-
fangene waren jedoch völlig von der Außenwelt abgeschirmt.65

Die Verwaltung aller Konzentrationslager in Oranienburg hatte am 30.
Oktober 1942 den Lagerkommandanten mitgeteilt, dass auf Weisung
Himmlers vom Vortag nun auch Paketsendungen an die Häftlinge möglich
seien. Es durften Lebensmittel unbeschränkt empfangen werden - „der Inhalt
muß jedoch am Tage der Ankunft oder am darauffolgenden Tage von
dem Häftling verzehrt werden." Wenn man weiß, dass im Lager stets großer
Hunger herrschte, kann man sich vorstellen, dass wohl kaum etwas
übrig blieb. Auch Hans Bächle hat seine Verwandten um Pakete gebeten,
aber offenbar schon vor dem 30. Oktober 1942, wie aus einem geschmuggelten
und unzensierten Brief hervorgeht (aus dem Nachlass; Schreibfehler
im Original).

„Du liebe kleine Mutter, sei nicht allzu erstaunt, dass Du von mir einen
Brief erhälst, den man nun auch mal wieder als dies bezeichnen kann.
Schon lange hatte ich den Wunsch, an Dich mal einen Brief zuschreiben,
der von den anderen abweichen kann und der das Dir offenbart, was nötig
ist. Heute nun nach 6 Jahren sitze ich vor der Schreibmaschine und tippe
einen Brief für Dich. Als ich damals in diese Zeit hienein ging konnte ich
noch nicht ahnen, dass es so lange dauern wird wie es bis jetzt gegangen
ist. Aber wer weiß wie lange es noch gehen mag. Bestimmt kann man annehmen
dass dieser unselige Krieg vorbei sein wird bis ich den Weg zu
Euch wieder finden kann.

Alle Bemühungen sind bis jetzt ohne nennenswerten Erfolg gewesen und
nicht immer konnte ich in Deinen Briefen entnehmen was Du über Deine
Bemühungen geschrieben hast, denn in letzter Zeit waren die Briefe von
Dir einer Zensur unterworfen, die alles was irgend welche Anhaltspunkte
geben könnte, ausgeschnitten. Somit habe ich manchmal nur einen Teil des
Briefes erhalten. Genau(so) ist es bei mir. Ich bin niemals in der Lage das
zu schreiben was ich schreiben möchte, denn dies würde eine Unmögliche
Sache sein, und würde Selbstvernichtung bedeuten. Die Gesetze, die hier
die Ordnung bestimmen, sind derartig, dass man von einem menschlichen
Tun und Lassen nicht mehr sprechen kann. Im Zuchthaus waren die Gesetze
nur ein Minimum so streng als sie es hier sind. (...) Was sie auf die
Menschen für ein Unheil gebracht haben, können sie nie mehr gut machen.
Ich bin heute froh, daß mich damals der Weg von ihnen wegführte, denn
heute sehe ich selbst, dass es nur Heuchelei ist mit dem sie alles in Schach
halten, wenn ihre Lieblichkeit nicht mehr ausreicht, dann wird rohe Gewalt
angewendet, und gegen diese sind wir machtlos. Wenn ich so an meine
Heimat denke, wenn ich so die Berge betrachte dann habe ich nur einen
Wunsch so bald als möglich irgendwo in den Bergen unter blauem Himmel
zwischen Tannen zu liegen und Ruhe zu finden von dem Erlebten. Niemand


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