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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 387
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Sklavenarbeit in Offenburg: Der Weg des KZ-Häftlings Marko Moskowitz

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den auch Häftlinge aus Flossenbürg nun der Kommandantur des KZ Natz-
weiler unterstellt. Die Leitung des Konzentrationslagers war nach der Auflösung
des elsässischen Stammlagers im September 1944 mehrfach verlegt
worden, zuerst in das badische Guttenbach in der Nähe von Mosbach.27
Die zahlreichen kleineren und größeren Außenlager von Natzweiler bestanden
jedoch auch nach der Auflösung des Hauptlagers weiter bzw. es
wurden sogar viele weitere errichtet, so auch der nach Offenburg verlagerte
Trupp der Flossenbürger Häftlinge. Die hier festzustellende Zuordnung
dieses Arbeitskommandos zum Lagerkomplex Natzweiler wurde in der Literatur
bislang noch nicht berücksichtigt,28 ist strukturgeschichtlich aber
durchaus bedeutsam und passt sich in neuformulierte Forschungsinteressen
ein, bei denen die Geschichte der Konzentrationslager in der letzten
Kriegsphase besonders im Vordergrund steht.29

Nach ihrer Ankunft in Offenburg wurden die Häftlinge in der 1941 fertig
gestellten Artilleriekaserne an der Prinz-Eugen-Straße untergebracht
und dort von etwa 40 SS-Leuten bewacht. Obschon in den 1960er Jahren
Zeugenaussagen diese Kaserne erwähnen und 1981 auch einer der Überlebenden
der Kommandos, der polnische Jude Sigmund Nissenbaum, davon
berichtete, man wäre „in der Artilleriekaserne in der Prinz-Eugen-Straße"
untergebracht gewesen,30 wurde noch in neueren Veröffentlichungen das
Lager der Flossenbürger Häftlinge fälschlicherweise in einem zweiten großen
Kasernenkomplex, die „Ihlenfeldkaserne" an der Weingartenstraße, lokalisiert
.31 In Wirklichkeit jedoch, und dies berichtete auch der erste Offenburger
Nachkriegsbürgermeister Hess kurz nach dem Kriegsende,32 befand
sich das Lager im „Bau 3" der neuen Artilleriekaserne.33 Von dort aus
mussten die Gefangenen täglich zur Arbeit an die nahe gelegene Bahnanlage
marschieren und unter der Aufsicht des SS-Personals und der brutalen
Häftlingskapos Blindgänger kontrollieren und Aufräumarbeiten erledigen.
Damit trat der Flossenbürger Bauzug die Nachfolge von drei SS-Baubrigaden
mit insgesamt etwa 1.500 KZ-Häftlingen an, die man in den Monaten
zuvor als „Konzentrationslager auf Schienen" in Offenburg ebenfalls zur
Instandsetzung der Bahngleise herangezogen hatte, die nun aber an andere
Einsatzorte weitergefahren waren.34 Über 40 Häftlinge dieser Kommandos
wurden getötet und in einem Massengrab bei den Gleisanlagen verscharrt
.35 Aus den Reihen des Flossenbürger Trupps kamen während des
dreiwöchigen Einsatzes (zwischen dem 26. März und dem 12. April) mindestens
23 Häftlinge ums Leben, entweder durch Erschöpfung, Luftangriffe
oder durch Misshandlungen bzw. gezielte Tötungen durch das Wachpersonal
.36 Marko Moskowitz überlebte diese Strapazen und er erinnerte sich
während seines Gesprächs mit David Boder an seinen Aufenthalt in Offenburg
.37 Er beließ es aber, wie auch sonst in vielen Passagen des Interviews,
nur bei einer kurzen Erwähnung, so dass man von ihm keine weiteren Auskünfte
über die konkreten Ereignisse in Offenburg erhält.


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