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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 428
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Walter Ernst Schäfer

schon begonnen, als eine Intervention des Festungskommandanten, des
preußischen Generalleutnants von Gayl, alle Hortungen zunichte machte.
Der kommandierende General beschied das Komitee formaljuristisch:2

„Die Leichen gerichtlich zum Tode beförderter Individuen gehören
dem Gericht, dies allein hat zu verfügen, wie und wo die Beerdigung
stattfinden soll und ob ein Grabdenkmal zu errichten ist. Da nun das
hiesige Gouvernementsgericht die Machtnachfolgerin des vormaligen
badischen Kriegs-Gericht's, welches s.Z. die betreffenden Individuen
zum Tode durch Erschießen verurtheilt hat, so wird die Genehmigung
zur Aufstellung des Denkmals versagt. "

In kühlerem Ton konnte man die Antragsteller nicht abfertigen. Allenfalls
der wiederholte Begriff „Individuen" lässt eine abschätzige Gesinnung erkennen
. Die neunzehn Erschossenen waren zumeist zu den Aufständischen
übergetretene Offiziere und Soldaten. Nach legalen Begriffen hatten sie
sich der Fahnenflucht und des Hochverrats schuldig gemacht. Eine Genehmigung
von Seiten der Militärbehörden kam da nicht in Frage.

Von da an lag der so gut wie fertige Stein einige Jahre auf dem Werkhof
des Maurer- und Steinmetzgeschäfts Breunig in Rastatt. In Renchen wusste
man davon. Und als im Jahr 1876, dem 200. Todesjahr Grimmelshausens,
dort der Plan reifte, ihm auf dem Friedhof von Renchen, der seine Asche
birgt, ein Denkmal zu errichten, wandte sich Amand Goegg (1820-1897),
früherer Finanzminister der Revolutionsregierung 1849 und respektierter
Bürger Renchens, an das Komitee in Rastatt, um den nutzlos gewordenen
Denkstein zu erwerben. Der Kauf kam zustande. Für 2.500 Mark kam der
Gedenkstein nach Renchen und wurde am 17. August 1879 dort feierlich
eingeweiht. Aus dem Revolutionsdenkmal wurde ein Poetendenkmal. In
dieser und noch in ganz anderer Weise, von der noch die Rede sein wird,
verschränkt sich die Wirkungsgeschichte Grimmelshausens mit bedeutsamen
Ereignissen der badischen und der deutschen Geschichte.

Auch der Verlauf der Feierlichkeiten in Renchen, jener zum 200. Todestag
Grimmelshausens und der späteren zur Einweihung des Denkmals sind
bestens dokumentiert.3 Die Fakten liegen auf dem Tisch. Was fehlt, ist eine
Untersuchung des historischen Kontextes, der Gesinnungen und politischen
Einstellungen derer, die diese Feiern veranlasst und organisiert haben
oder auch nur durch Zuschriften oder als Gäste sich daran beteiligten.
Die Feiern des Jahres 1876 lassen sich aber nun nicht verstehen ohne den
Rückblick auf die um den „Simplicissimus" geführten Debatten im preußischen
Landtag vom März 1876. Es ist also nötig, weiter auszuholen.


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