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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 495
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Robert Schuman und Hans Furier

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Sichtweite der Reiterstatue Marc Aurels, die römischen Verträge. Im deutschen
Bundestag und im Auswärtigen Ausschuss hatte Hans Furier für die
Verträge geworben.

Mit der Gründung neuer europäischer Institutionen stellte sich auch die
Frage nach der Rolle des Parlamentes. Furier hatte bei einem Besuch in
Rom im Januar 1957 erfahren, dass die französischen Diplomaten des
Außenministeriums darauf drängten, für alle drei europäischen Gemeinschaften
jeweils eine eigene parlamentarische Versammlung einzurichten.
Damit wäre - nach dem Prinzip von „Divide et impera" (teile und herrsche
) - die parlamentarische Rolle und damit das demokratische Prinzip
auf europäischer Ebene zugunsten der nationalen Souveränität entscheidend
geschwächt worden. Furier mobilisierte seine Verbindungen und ließ
sich vom Präsidium beauftragen, einen Gegenplan auszuarbeiten. Gegen
den Widerstand der französischen Delegation erreichte Furier am 3. Februar
1957 - es sollte nur ein Parlament geben, das alle drei Gemeinschaften
- Wirtschaftsgemeinschaft, Montanunion und Euratom - kontrollieren
sollte.37 Wegen der umfangreicheren Aufgaben sollte es auf 142 Abgeordnete
erweitert werden.38 Die Weichen zu einem „Europäischen Parlament"
waren gestellt. In der letzten Sitzung der Gemeinsamen Versammlung
sprach Furier die Hoffnung aus, die Stellung des künftigen gemeinsamen
Parlamentes durch Direktwahl zu stärken und die Gemeinschaften
insgesamt zu vereinigen, um damit dem eigentlichen Ziel, der politischen
Vereinigung Europas, näher zu kommen.

Am 19. März 1958 konstituierte sich das einheitliche Europäische Parlament
. Die Außenminister hatten sich darauf verständigt, die erste Präsidentschaft
dem Italiener Gaetano Martino anzuvertrauen, der als Außenminister
die Konferenz von Messina geleitet hatte. Das Parlament bewies
dadurch seine Eigenständigkeit, dass es Robert Schuman zu seinem Präsidenten
wählte. Der Weg dazu war frei geworden, weil Hans Furier auf das
Amt verzichtet hatte. Obwohl er selbst entscheidenden Anteil am Zustandekommen
des Europäischen Parlaments hatte, stand er hinter Schuman
zurück, dessen Plan den europäischen Einigungsprozess in Gang gebracht
hatte.39 Schuman hatte 1953 wegen der Einbeziehung des gaullistischen
RPF (Rassemblement du Peuple Francais) in die Regierung sein Außenministerium
verloren. Auf Vortragsreisen warb er für die Europäische Verteidigungs
-Gemeinschaft und eine deutsch-französische Partnerschaft.40 Die
Wahl zum ersten Präsidenten des Europäischen Parlaments (1958-1960)
war die Anerkennung des politischen Lebenswerkes eines Mann, der als
„Grenzlandbewohner" ähnlich wie Furier um den unschätzbaren Wert der
deutsch-französischen Versöhnung wusste.

Schuman war 1886 in Clausen, einem Vorort von Luxemburg geboren
worden. Sein Vater stammte aus Lothringen und war nach dem Krieg von
1870/71 nach Luxemburg übergesiedelt, um der deutschen Besatzung zu


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