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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 72
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Hans Herrmann

Doch wir sahen auch anderes. Aus einer ausgesprochen schmutzigen
Stadt ist Straßburg eine saubere, wohlansehnliche Stadt geworden. Sämtliche
Häuser mußten im Lauf der Jahre angestrichen werden, kein Abfall
aus den Häusern durfte mehr auf der Straße liegen, in den engsten Gäßlein
konnte man gehen, ohne in schlechter Luft zu ersticken. Ein schönes Gebäude
erstand neben dem anderen. Wahrscheinlich von selbst verschwanden
die gräulichen Läden, wo im engsten nebeneinander Kraut und Petroleum
, Dörrobst und Seife, Öl und Gebäck verkauft wurden. Deutschland
war dem Elsaß eine tüchtige, fördernde, aber eine lieblose Stiefmutter.

Es ist später weiter viel gefehlt worden im Elsaß. Ein sehr intelligentes
Mädchen, Elisabeth Schleicher, unsere „Alte Liss" aus Querbach, die längere
Zeit bei uns in Stellung war, mit der ich heute noch in Beziehung bin, war in
mehreren vornehmen deutschen Häusern in Straßburg angestellt. Danach
kam sie in eine elsässische Beamtenfamilie. Die Frau war eine reiche Apothekerstochter
mit weit verzweigter Verwandtschaft. Liss sagte mir, ihre Madame
sei eine ebenso gebildete Frau wie die deutschen Damen, bei denen sie
vorher war, aber ihre Bildung sei französisch und sie spreche Elsässer
Ditsch. Diese Frau entschloß sich zur großen Freude meiner Liss etwa drei
Jahrzehnte nach dem Krieg, sich an einem Wohltätigkeitsbazar zu beteiligen,
den die Frau oder Schwester des Statthalters inszeniert hatte. Es lag darin eine
Anerkennung der neuen Zustände. Aber die deutschen Damen begegneten
der Elsässerin mit solcher Herablassung, ja Mißachtung, daß die aufkeimende
Zuneigung für das Deutschtum vernichtet wurde. Das bedeutete nicht nur
den Verlust dieser Frau für das Deutschtum, sondern auch den ihrer ganzen
Verwandtschaft, die sonst wohl auch mit herübergezogen worden wäre.

Ich habe mir diese Dinge einmal vom Herzen schreiben müssen.

Festlicher Empfang der deutschen Truppen bei ihrer Rückkehr

Nach dem Friedensschluss wurde auch in Kork ein Friedensfest abgehalten
. Am Sonntagmorgen bliesen Militärmusiker vom Kirchturm den Choral
„Nun danket alle Gott", und Pfarrer Schellenberg hielt die Festtagspredigt
über den 100. Psalm. Die deutschen Truppen, die vom Elsass nach
Deutschland zurückmarschierten, erhielten in Kork ihr erstes Quartier. Sie
wurden von der Bevölkerung begeistert empfangen, junge Mädchen
schenkten ihnen Blumen und Zigarren, und der Bürgermeister hieß sie
feierlich willkommen.

Es kam der Friede. Es kam das Friedensfest. So schön wie auf dem Land
kann ein solches Fest in der Stadt nie sein. Wie da am frühen Morgen von
ein paar Militärmusikern vom Kirchturm die drei Strophen von „Nun danket
alle Gott" geblasen wurden - es war eindruckvoller, als wenn eine
Kapelle nach der andern durch die Straßen gezogen wäre.


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