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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 95
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95

Der Tod im Brauchtum des Renchtals

Traditionelle Rituale und kulturgeschichtlicher Wandel
in der Moderne

Heinz G. Huber

Man starb immer öffentlich.1

Würde er (der Mensch) begreifen, dass er sich in jedem Augenblick
inmitten eines Lebenskreises befindet, dann gäbe es nicht
mehr die ewigen Frustrationen des Noch-Nicht und es NichtMehr
. Dann wäre jeder Punkt in diesem Kreise gleich sinnvoll.
Und das Sterben wäre die Vollendung des Kreises.2

Das Ethos des „homo clausus", des sich alleinfühlenden Menschen
, wird schnell hinfällig, wenn man das Sterben nicht mehr
verdrängt, wenn man es als einen integralen Bestandteil des Lebens
in das Bild von den Menschen mit einbezieht.3

Die Verdrängung des Todes, die Privatisierung des Trauerns
und die Infragestellung der Pietät

Zahlreiche kulturkritische Veröffentlichungen befassen sich mit dem gestörten
Verhältnis der Moderne zum Tod. Norbert Elias beschreibt aus zivilisationsgeschichtlicher
Perspektive die Vereinsamung der Sterbenden.
Schon mit fortschreitendem Alter und mit Beginn des körperlichen Verfalls
sehen sich die Menschen heute an den Rand gedrängt.4

Der neuzeitliche Mensch, so Horst Eberhard Richter, glaubt durch Naturwissenschaft
, Technik und Medizin die Natur zu beherrschen. Für die
mit der Aufklärung und der rationalen Welterklärung entstandene Allmachtsphantasie
, die Richter als „Gotteskomplex" bezeichnet, ist die Vorstellung
von der eigenen Endlichkeit schlechthin unerträglich.5 Preis dafür
ist, was der Philosoph Pascal als schrecklichen Fluch der Moderne vorausgesehen
hat: das einsame Sterben. Der Mensch, der mit Hilfe der Apparatemedizin
am Leben gehalten wird, stirbt fern seines eigenen Lebenskreises
auf der Intensivstation einer Klinik. Der Prozess der Säkularisierung
hat den Tod als Übergang und Tor zu einer besseren Welt zu einem Sturz
ins Nichts verwandelt. Der Tod ist nicht mehr der Abschluss und die Vollendung
des Lebens, sondern bildet ein katastrophales, sinnloses Ereignis.
Andererseits schwinden die sozial tragenden Bindungen, die den Umgang
mit Sterben und Tod erleichterten. Die Sterbenden bleiben oft allein, die
Beisetzungen finden „im engsten Familienkreis" statt. Für Grabbesuche


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