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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 101
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Der Tod im Brauchtum des Renchtals

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thun bauen und auch gegeben Korker Gewälde mit allen seiner Zubehörde
den dreyen Kirchspielen Kork, Bodersweyer und Linx zu einer rechten Got-
tes-Gabe, Witwen und Waisen, Arm und Reich zu gebrauchen (...).15

Das Spätmittelalter war bestimmt vor einer tiefen Angst vor dem plötzlichen
Tod, bei welchem dem Sterbenden die Möglichkeit einer Vorbereitung
versagt blieb.16 Die Pestepidemien, die von 1348 an rund dreihundert
Jahre lang das Oberrheingebiet heimsuchten, trafen Alt und Jung gleichermaßen
, niemand konnte sich sicher wähnen. Die Verbindung des Tanzes
mit dem plötzlichen Tod verweist auf die Thematik des Totentanzes. Der
Tod selbst ist in den Bilddarstellungen als männlicher Liebhaber personifiziert
. Der Tanz symbolisiert dagegen die hedonistische Lebenslust, den Sittenverfall
. Das Totentanzmotiv nutzten die Bettler- und Predigerorden zur
abschreckenden Warnung vor Ausschweifungen und Bacchanalien.163 Wer
die kirchlichen Gebote missachtete, dem drohte der plötzliche Tod und die
Hölle. Die „Erfindung des Fegefeuers" im hohen Mittelalter bot immerhin
noch die Möglichkeit, dass die Angehörigen des Verstorbenen durch Opfer,
Gebete, gute Werke und Stiftungen dessen Seele zu retten versuchten. So
muss auch die Stiftung des Korker Waldes verstanden werden, deren Gründungsgeschichte
ein Konstrukt des Spätmittelalters sein dürfte.

Der Stifter konnte nicht nur für Verstorbene seiner Familie, sondern
auch für sich selbst ein Stück weit das Seelenheil sichern. Uta von
Schauenburg gründete zwischen 1191 und 1196 das Prämonstratenserklos-
ter Allerheiligen, weil sie gelernt hatte, dass man die ewigen Wohnungen
sich mit irdischen Schätzen erkaufen soll.17 Im Spätmittelalter häuften sich
auch im Renchtal die Anniversarien, Stiftungen, die den Zweck hatten, am
Jahrestag des Todes Messen für sein eigenes Seelenheil lesen zu lassen. Sie
entsprangen dem Misstrauen gegenüber den überlebenden Verwandten und
Erben, die nicht immer ihren Verpflichtungen zur Bestellung von Jahrtagsämtern
nachkamen. Das Anniversar wurde mit einem Gebet am Vorabend
eröffnet und mit Glockengeläut, einer gesungenen Totenmesse und stillen
Beimessen an den Seitenaltären begangen. Die erste Stiftungsurkunde datiert
vom 15. April 1307. Der Oberkircher Metzger Peregrinus und seine
Ehefrau überließen dem Kloster Allerheiligen zwei Grundstücke zu ihrem
Seelenheil.18 Der Priester Nikolaus Sigelin stiftete zwei Seelsorgepfründen
im Offenburger Spital 1374 „zu seinem und seiner Eltern Seelenheil" aus
Zinseinnahmen von Nußbach.19 Die Zeit der Gegenreformation führte zu
zahlreichen Jahrtagsstiftungen, weil von katholischer Seite die Bedeutung
der guten Werke als Bestandteil der Rechtfertigungslehre gegenüber dem
Protestantismus besonders betont wurde. So übergaben die Dirrgallischen
Erben von Söllerhöfen (Erlach) 1759 dem Nußbacher Pfarrer 30 Gulden,
um für ihre verstorbenen Eltern zu einer ewigen Jahrzeit Messen lesen zu
lassen.20 1780 wurden in der Pfarrei Nußbach 19 Jahrzeitstiftungen
gezählt.21


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