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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 109
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Der Tod im Brauchtum des Renchtals

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des Gottesdienstes nach dem Evangelium wandeln die Teilnehmer Bank für
Bank zum Opferstock. Die Männer der ganzen Verwandtschaft haben dabei
ihre Hüte auf dem Kopfe.49 Das Geldopfer wie auch das Gebet war im Sinn
der katholischen Rechtfertigungslehre eine Sühne für die arme Seele des
Verstorbenen.

Die Verwandtschaft blieb auch nach der Bestattung zusammen und half
somit der Familie des Verstorbenen die Trauer zu tragen. Vor allem reiche
Hofbauern im Renchtal luden ihre Verwandten zu einem „Leichenessen"
ein. Das gemeinsame Mahl stärkte die familiäre Verbundenheit, es entsprang
aber auch nur dem Gastgesetz, vor allem wenn die Beerdigungsteilnehmer
einen weiten Anfahrtsweg hatten.50 Im Vordertal, wo die Bevölkerung
ärmer war, blieb es wie in Nesselried bei einem Kaffee im Trauerhaus
.51 In Nußbach wurden Äpfel mit Brot angeboten, manchmal ein
Kaffee und Wurstplatten. In der kalten Jahreszeit wurde auch ein Schnaps
gerne akzeptiert.52

Die gesamte Beisetzungszeremonie hatte den Hintergrund, dass der Tote
als „Mitglied einer Haus-, Dorf- oder Zunftgemeinschaft" verabschiedet
wurde. Die Gemeinschaft leistete durch Opfer und Gebet einen wichtigen
Beitrag zum Seelenheil des Verstorbenen, während der öffentliche Ritus
die Hinterbliebenen wieder in den kollektiven Lebensverbund integrierte.53

Totenvögel, Abschirmbräuche, Wiedergänger. Archaische Glaubensvorstellungen
und der numinose Charakter des Todes

Obwohl Sterben und der Umgang mit Toten zum Alltag gehörten, verlieh
der Tod dem Ende des Menschen eine numinose Würde. Archaische Glaubensvorstellungen
stellten das Ableben in geheimnisvolle und mysteriöse
Zusammenhänge, die sich der Rationalität entzogen. In vielfältigen Vorzeichen
kündigte sich der Tod eines Menschen an. Heulende Hunde und der
Ruf von Eulen galten in Lautenbach als Vorankündigungen eines Sterbefalls
.54 Als Totenvogel gilt allgemein der Uhu. Schon in der Antike wurde
sein schauriger Ruf Carmen ferale (Leichengesang) genannt.55 In Nesselried
galt die Atzel (Elster) als Todesbote. Dort und auch in Oberkirch
glaubte man auch, dass das Zusammentreffen von Wandlungsläuten und
Stundenschlag Hinweis auf einen bevorstehenden Sterbefall hindeute.56
Wenn eine Uhr stehen blieb, so starb auch bald ein Mensch (Oppenau).57
„Das Sterben geht im Dreieck", glaubt man heute noch in Oppenau-Ibach:
Wenn auf einem Hof ein Mensch gestorben ist, folgen in kürzester Zeit
zwei weitere.58 In Nußbach nimmt die ältere Generation heute noch an,
dass wenn ein Toter über das Wochenende aufgebahrt sei, in der folgenden
Woche erneut jemand sterben werde.

Traditionell bestand die Vorstellung, dass im Augenblick des Todes die
Seele sich aus der Verbindung mit dem Körper löse und das Haus verlasse.


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