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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 115
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Der Tod im Brauchtum des Renchtals

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Zusammenhang.82 Generell drückt sich darin freilich ein gewandeltes Verhältnis
zum Tod aus. Wie die Toten aus der Welt der Lebenden ausgegrenzt
werden, so wird der Tod nicht mehr als Teil des Lebens begriffen.

Die Friedhöfe des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren einbezogen
in die Lebenswelt. Jeder Gang in den Gottesdienst führte über den
Friedhof und machte die Begrenztheit des irdischen Lebens deutlich. Bis
zu den Verboten des Kaisers Josef II. fanden vor den Gottesdiensten um
die Nußbacher Kirche auf dem Friedhofsareal Kreuzgänge statt.81 Da das
Friedhofsareal klein war, wurden die Gräber nach einer gewissen Zeit aufgelassen
und die Skelette ausgegraben. Schädel und Gebeine wurden in
Nußbach in einem eigenen Beinhaus gesammelt, aufgeschichtet und ausgestellt
.84 Die „Ossuarien" oder „Karner" hatten eine religiös-moralische
Funktion und machten in der Barockzeit die Vergänglichkeit des Lebens
sichtbar.85 Während auf den Stadtfriedhöfen kunstvolle Ölberge den Bezug
zum christlichen Erlösungsgeschehen herstellten, wurden auf den Dorffriedhöfen
wirkungsvolle Hochkreuze aufgestellt.86 Zur christlichen Friedhofskultur
gehörten auch Darstellungen, die den Erzengel Michael mit der
Seelenwaage beim Jüngsten Gericht zeigen. In Nußbach befindet sich eine
solche Darstellung, Freskenmalerei aus dem 15. Jahrhundert, in einem der
Joche des spätgotischen Chors. Das Friedhofsareal wurde im Übrigen auch
zu weltlichen Zwecken genutzt. So wurden die Oberkircher Jahrmärkte vor
1518 auf dem Kirchhof der Oberdorfer Pfarrkirche abgehalten.87

Das Areal der Friedhöfe war mit einer Mauer umgeben, die den Friedhofsbereich
vor Kühen und Schweinen sichern sollte, die durch das Dorf
auf die Weide getrieben wurden. Diese Mauer markierte einen abgegrenzten
Rechtsbereich, den kein Vertreter der weltlichen Gerichtsbarkeit betreten
durfte. Im Jahre 1747 flüchtete ein Dieb namens Johannes Albe auf das
Nußbacher Kirchhofsareal. Der Appenweierer Gerichtsvogt verlangte vom
Nußbacher Pfarrer vergeblich die Auslieferung des Delinquenten. Schließlich
drang er in den Asylbezirk und verhaftete den Missetäter.88 Der Nußbacher
Pfarrer Karl Pulser schickte den Schulmeister Eckerle nach Straßburg
, um bei der bischöflichen Behörde Bericht zu erstatten. Während
Aries den Ursprung des Asylrechts auf den Schutz der Heiligen bezieht,
der auch auf die Lebenden ausgedehnt wurde,89 geht das Nußbacher Asylrecht
, das selbst zwei Päpste bestätigten, wohl auf mittelalterliche Immunitätsrechte
zurück.90

Schon auf der Mainzer Synode im Jahr 813 war die kanonische Vorschrift
erlassen worden, dass kein Toter in der Kirche bestattet werden sollte
.91 Für Adelige, Bischöfe, Äbte und Priester wurde diese Regelung immer
wieder außer Kraft gesetzt. In der Klosterkirche von Allerheiligen
wurden Adelige beigesetzt, die sich das Kloster durch besondere Stiftungen
verpflichtet hatten. In der Lautenbacher Kirche liegt der Propst Petrus
Burkardt (1492-1514), der die Innenausstattung der Kirche vollendet hatte,


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