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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 118
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Heinz G. Huber

liert werden.96 Die „ästhetische" Gestaltung der Friedhöfe bezog den Menschen
in den Naturkreislauf von Werden und Vergehen ein. Damit wurde
dem Sterben ein zusätzlicher säkularer Sinn unterlegt.97 Zugleich schuf die
Einteilung in Grabfelder eine klare und überschaubare Ordnung. Die
Friedhöfe des 19. Jahrhunderts, vor allem in den Städten, zeigen auch den
Willen zur Repräsentation und den Wunsch, die Einzigartigkeit der Person
auch noch im Tode auszudrücken. Familiengräber signalisierten den Zusammenhang
der Generationen, der durch die Auflösung der ständischen,
zünftischen und dörflichen Sozialformen zu verschwinden drohte. Das Eisenzeitalter
hielt Einzug, das 19. Jahrhundert war die Zeit der gusseisernen
Grabkreuze. Im Renchtal legte man an Allerheiligen Perlenkränze auf die
Gräber. Sie konnten in den Dorfläden erworben werden und wurden oft in
den Familien weiter vererbt.98 In Oberkirch bot der Blechner und Schirmmacher
Josef Wolf 1886 in der Lokalzeitung Grabkränze aus Blech an. Der
Grabhügel selbst stellt heute ein gärtnerisches „Kleinkunstwerk" dar; die
Öffentlichkeit der Friedhöfe übt einen sozialen Druck aus, die Verpflichtungen
gegenüber den Verstorbenen nicht zu vernachlässigen. In der mobilen
Gesellschaft des 21. Jahrhunderts wohnen die Angehörigen oft weit
entfernt und erteilen deswegen einer Friedhofsgärtnerei Daueraufträge. Die
Frequenz der Gräberbesuche geht aber auch deswegen zurück, weil jedes
Grab den Besucher auch an den eigenen Tod erinnert.99

Anmerkungen

1 Aries, Philippe: Geschichte des Todes, München 1980, 30.

2 Richter, Horst Eberhard: Der Gotteskomplex. Die Geburt und die Krise des Glaubens
an die Allmacht des Menschen. Reinbek 1979, 230.

3 Elias, Norbert: Über die Einsamkeit der Sterbenden in unseren Tagen. Frankfurt 1982,
100.

4 Elias, Norbert: Über die Einsamkeit8.

5 Richter, Horst Eberhard: Der Gotteskomplex besonders 228-238.

6 Kohlhaas, Alexander: Bestattungsriten der Menschheit, in: Badische Neueste Nachrichten
15./16. November 2003. In Gotha wurde 1878 das erste Krematorium errichtet.

7 Lutz, Cosima: Die Dialektik der Aufbahrung, in: DIE WELT, 23. November 2002.

8 Willmann, Urs: Wie man in Deutschland begraben wird. Bisher scheiterten Sonderwünsche
an der Bürokratie. Jetzt ist das Bestattungswesen im Umbruch. Die letzte Reise
führt ins All, in die Natur oder in die gute Stube. In: DIE ZEIT, 15. April 2004.

9 Neubaur, Caroline: Das Leben nach dem Lebensende. Woher in diesen säkularisierten
Zeiten die Formen für Pietät nehmen? Wie die Gesellschaft die Toten bei sich behält.
In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. November 2002.

10 Schröder, Edward (Hrsg.): Zwei altdeutsche Rittermaeren: Moriz von Craon Peter von
Staufenberg, Berlin 1920, Vers 1097-1105.


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