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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 167
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Die Glocken der Heimat - Josef Sauer und das Unzhurster Geläute

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kanzlers vom 27. Februar 1917 regeln den Vollzug. Bei der Bestandsaufnahme
sollen die Glocken in drei Gruppen eingeteilt werden. Was den Vermerk
A erhält, muss sofort abgeliefert werden. In Gruppe B finden sich solche
Glocken, denen anerkannte Sachverständige einen mäßigen wissenschaftlichen
, geschichtlichen oder künstlerischen Wert bescheinigt haben,
Glocken, die nicht endgültig begutachtet oder als Läuteglocken erforderlich
sind, und schließlich solche Glocken, die nur mit großen Kosten aus- und
einzubauen sind. Glocken mit besonderem musikalischem Wert fallen unter
den Begriff „Kunstwert". Das Prädikat C ist vorbehalten für Glocken von
besonderem wissenschaftlichem, geschichtlichem Wert oder Kunstwert.7

Wer ist ein anerkannter Sachverständiger für Glocken im Land Baden?
Am 8. März 1917 teilt das Badische Ministerium für Kultur und Unterricht
mit, dass der Konservator der kirchlichen Denkmäler gefragt sein wird.
Das gleiche Amt erhält der Geheime Oberbaurat Kircher; erlaubt ist es
auch, die Erzbischöflichen Orgel- und Glockeninspektoren sowie die Vorstände
der Erzbischöflichen Bauämter ins Boot zu holen.8 So wird Josef
Sauer zu einer zentralen Figur des Glockendramas. Er soll über den Kunstwert
der Geläute richten. Im Frühjahr und Frühsommer 1917 kann Josef
Sauer jedenfalls kaum an etwas anderes denken als an die Glocken, und
seine ganze Energie ist gefordert. Vermutlich verbringt Sauer mehr Zeit in
den Dörfern und Städten des Landes als in Freiburg, selbst sein sonst so
akribisch geführtes Tagebuch bleibt unberührt.9 1936 wird Sauer in einem
Artikel von den aufreibendsten Monaten seines Lebens schreiben, die ihm
der Kampf um die Glocken beschert habe. In kurzer Zeit, ohne ausreichende
Hilfskräfte, „immer aber unter größten Schwierigkeiten und in einer
nervenerregenden Hetze" nahm Sauer den Glockenbestand in Baden auf.
Dabei riskierte er wohl mehr als ein Mal Kopf und Kragen: „Der Zustand
auf den Glockentürmen war oft genug phantastisch. Keinerlei Vorrichtung,
ohne Lebensgefahr an die Glocken allseitig heranzukommen, oft genug der
Glockenstuhl in lebensgefährdendem Zustand, so daß man nur mit halsbrecherischer
Gymnastik mühsam um die einzelnen Glocken herumturnen
konnte."10

Die Aufgabe legt ihn „gänzlich lahm", wie er rückblickend in einem
Brief schreibt." Nicht alle Glocken sieht er selbst, Sauer hat Helfer und
Mitarbeiter, doch was er an Kirchtürmen besteigen kann, erklimmt er auch.
Was er dort oben sieht, stimmt ihn selten genug freudig. Das Schlimmste
sei die „unbeschreibliche Verschmutzung der Glockenoberflächen". Sauer
fordert: „Auch in diesem Teil des Kirchengebäudes sollte mehr auf Ordnung
und Reinlichkeit gesehen werden, als es bisher geschehen ist. Die Arbeit
der Glockenbesichtigung ist durch diese Mißstände ungemein erschwert
und zu einer wahren Abtötung gemacht worden."12

Bei den Besichtigungen findet er einen „kaum geahnten Schatz höchst
wertvoller, geschichtlich wie künstlerisch in hohem Maße wichtiger Glo-


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