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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 170
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Wilfried Lienhard

die Mäkelei des Kultus- und Unterrichtsministeriums am 4. August 1918:
Zu viele Geläute seien nur wegen ihres musikalischen Wertes in die Gruppe
B eingestuft worden. Das gehe nicht an, denn es „gefährdet unsere
Wehrkraft".23

Die Kriegsniederlage hat viele Gründe; dass zu viele Glocken zurückgehalten
wurden, zählt gewiss nicht dazu.24 Zudem stellt sich hier die Wasserglasfrage
: Ist es halb voll oder halb leer? Innerhalb Badens treten erhebliche
Unterschiede zu Tage. Das hat seine Ursache in der unterschiedlichen
Vorgehensweise der Kommunalverbände: „Alle Schattierungen vom weitherzigsten
Rechnen mit den Verhältnissen bis zum engen Buchstabengeist
waren vertreten und daher der Grad der Belastungen in den einzelnen Landesteilen
sehr verschieden."25 So habe beispielsweise der Amtsbezirk St.
Blasien nicht eine einzige Glocke abgegeben, weil der Vorsitzende des
Kommunal Verbands im Sommer 1917 und im größten Teil des Jahres 1918
erfolgreich Verkehrsschwierigkeiten anführte. „An anderen Orten dagegen
konnten die Glocken nicht früh und rasch genug abgehängt werden, noch
bevor die Vorfragen über ihre Begutachtung alle entschieden waren ..."
Auch seien Glocken, die auf den Sammelstellen nochmals gründlich hatten
untersucht werden sollen, in einem Akt vorauseilenden Gehorsams in Lager
außerhalb Badens transportiert worden. Dadurch seien uralte Glocken,
die noch hätten gerettet werden können, verloren gegangen.26

Josef Sauer hat seinen Teil dazu beigetragen, dass viele künstlerisch
wertvolle Glocken erhalten wurden. Adolf Rösch bescheinigt ihm 1950,
sich gewissenhaft und energisch für den Erhalt der Glocken eingesetzt zu
haben. Jede Gemeinde behielt zumindest eine Läuteglocke.27 Man darf jedoch
einen Zwiespalt bei Sauer vermuten. Er ist ein loyaler Diener des
Kaiserreichs, aber auch ein Freund christlicher Kunst. Dass seine Bewertungen
der Glocken entscheidend sein könnten für ihre Zukunft, entscheidend
aber auch für des Reiches Kriegsglück, wie ihm Militärs eingeflüstert
haben mögen, stellt den Konservator vor Probleme, die Sauer laut Claus
Arnold auf ambivalente Weise meistert. Er bemüht sich energisch um die
Freistellung historisch und künstlerisch bedeutsamer Glocken auch des
19. Jahrhunderts, aber er sieht auch die Notwendigkeiten der Kriegsführung
: Baden liefert eines der höchsten Kontingente von allen Bundesstaaten
des Reiches.28 Sauer selbst beschreibt die Einstellung der badischen
Geistlichen und damit wohl auch seine eigene Haltung so: „Das Opfer
wurde gebracht in männlichem Ernste und vaterländischer Gesinnung,
wenn es auch schwer getragen wurde."29

In seiner Heimat Unzhurst läuten die beiden großen Glocken auch am
Kriegsende noch. Bald nach dem Waffengang erhalten sie eine kleine
Schwester: Am 6. Oktober 1921 genehmigt das Ordinariat den Guss einer
neuen Bronzeglocke. Grüninger gießt sie 1922; sie erhält den Namen „Ave
Maria", ihr Ton ist e.30 Die Firma Grüninger ist ein Traditionsunterneh-


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