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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 300
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Regine Dendler

Personen. Diese tragen meist antikisierende, also ebenfalls ihrer Lebenszeit
entsprechende Gewänder.

Ein weiteres Beispiel aus der evangelischen Marienkirche in Ulm a.D.-
Lehr (um oder kurz nach 1500) vermittelt eine Vorstellung von einem vollständigen
Weltgerichtsbild (Abb. 5).

Im Zentrum steht Christus als Weltenrichter, mit Maria und Johannes
dem Täufer als Fürbitter der Menschheit zu seinen Seiten. Auf der von
Christus aus gesehen rechten Seite sind die Gerechten dargestellt (in Lehr
versinnbildlicht durch Petrus mit der Himmelstür; die Personen waren auf
der ehemals tatsächlich vorhandenen „Tür" abgebildet), zu seiner Linken
die Verdammten, die von Teufeln in den Höllenrachen befördert werden.
Sowohl unter den Gerechten als auch unter den Verdammten finden sich
Vertreter aller Stände. Unterhalb der Christusdarstellung blasen Engel die
Posaunen und die Toten steigen aus ihren Gräbern. Oft (in Lehr nicht abgebildet
) treten auch noch die Apostel auf, die vierundzwanzig Greise der
Apokalypse oder der Erzengel Michael, der die Seelen wägt.7

In St. Martin hat nur ein Bruchteil dieses umfangreichen Bildprogramms
überdauert. Dieser Bruchteil ist aber so charakteristisch, dass er
sich zweifelsfrei der Szene des Höllenrachens und damit dem Weltgerichtsthema
zuschreiben lässt.

Die Ausführung ist von beachtlicher künstlerischer Qualität. In der Mitte
des Fragments steht eine mit langem Rock, Bluse, Schürze und Haube
bekleidete junge Frau. Dem Maler ist es gelungen, ihre Angst eindrucksvoll
darzustellen: Sie reißt die Arme hoch, und das blanke Entsetzen ist ihrem
Gesicht heute noch anzusehen, obwohl es fast nur noch als Pinselvorzeichnung
erhalten ist. Ein bärtiger Teufel mit gebleckten Zähnen und offenbar
mehreren Ohren hat sie um die Mitte gepackt. Rechts neben dem
Teufel ist ein weiterer Körper mit erhobenem Arm sichtbar, der von der
Ausbruchkante des Putzes begrenzt wird. Rechts oben erkennt man einen
Kopf. Links von der Frau, auf Höhe ihres Rockes, scheint jemand eine gelbe
Trommel mit schwarzen Schnürungen zu schlagen. Über der Trommel
ist ein angewinkelter linker Arm erkennbar. Weitere Einzelheiten der Darstellung
sind leider nicht mehr einzuordnen.

Der Erhaltungszustand ist, gemessen an den Zerstörungen und Baumaßnahmen
, die das Bild überlebt hat, sehr gut. Der Bildinhalt ist trotz der
zahlreichen Hacklöcher auch ohne weitere Bearbeitung gut ablesbar. Bei
der Restaurierung konnte man sich deshalb auf eine reine Bestandskonservierung
beschränken und auf Ergänzungen, Retuschen und sogar auf die
Malschichtfestigung verzichten.

Die Farben lassen teilweise die dunkelrote Pinselvorzeichnung durchscheinen
. Dieser Umstand ist auf einen Verlust an Farbsubstanz noch vor
der Überputzung zurückzuführen, nicht auf ein Verblassen. Durch diesen
Verlust hat sich auch das Farbkolorit teilweise verändert: Die heute


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