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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 364
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Walter E. Schäfer

sind. Eine politische Nachricht von Vorgängen auf der Ebene der Großmächte
steht neben einer römischen Lokalmeldung über einen Unglücksfall
, einer Meldung aus dem Zeremoniell spanischer Granden und einer
Notiz über den Getreidehandel in Rom. Die erste berührt einen brisanten
Konflikt zwischen der Großmacht Frankreich unter Heinrich IV. und den
habsburgischen Dynastien in Spanien, den Niederlanden und dem Reich.
Nur kurze Zeit vor seiner Ermordung am 14. Mai 1610 fasste Heinrich IV.
den „Großen Plan" (wie ihn Heinrich Mann in seinem biographischen
Roman „Die Vollendung des Königs Henri Quatre" nennt), die Umklammerung
seines Königreichs durch die Habsburger im Süden, Norden und
Westen militärisch zu durchbrechen. Gelegenheit dazu bot ein Erbfall im
Herzogtum Cleve und Jülich am Niederrhein. Das dortige herzogliche
Haus war erloschen. Um die Erbrechte stritten sich deutsche Fürstenhäuser
und ein Repräsentant der Habsburger, Erzherzog Leopold, dessen Truppen
sich in der Festung Lüttich verschanzten. Heinrich IV. plante einen Vorstoß
an den Niederrhein und forderte zu diesem Zweck freien Durchmarsch seiner
Truppen durch Luxemburg. Die Gefahr eines großen europäischen
Krieges stand am Horizont. Frankreich suchte Verstärkung durch Schweizer
Söldner zu gewinnen, die als die tüchtigsten Soldaten Europas galten.

Die zweite Meldung betrifft einen Schiffsunfall auf dem Tiber. Sie mag,
wie auch die Nachricht von den Witterungsverhältnissen in Rom und die
dadurch bedingte Erhöhung der Getreidepreise, die Handelsleute unter den
Lesern interessiert haben.

Die dritte Nachricht entspricht in etwa dem Leserinteresse unserer Regenbogenpresse
: Eine Tochter aus dem spanischen Hochadel (wohl aus der
Familie des ersten Ministers von Philipp III., Francisco Gomez de Sandoval
y Riojas) wurde mit einer fürstlichen Morgengabe einem Prinzen verlobt
.

Uber die Leser, die sich für ein solches Blatt interessierten, ist wenig
bekannt. Es waren sicher nicht nur Einwohner Straßburgs und der angrenzenden
Gebiete. Andererseits muss man mit einer regionalen Beschränkung
der Leserkreise rechnen. Doch hat sich einer der frühesten Leser der
Relatio in einem seiner Tagebücher zu erkennen gegeben. Johann Michael
Moscherosch, der spätere Satiriker, trug unter dem Datum vom 10. Januar
1619 in seinen Schreibkalender ein, er habe die „wöchentlichen Avisen"
für einen Gulden und fünf Schillinge abonniert. Er war noch Student, gerade
18 Jahre alt und doch schon an politischen Vorgängen so stark interessiert
, dass er die Unkosten für die erste Straßburger Zeitung nicht scheute.
Doch so interessant die Verbindung von Pressewesen und Literatur ist, es
dürfte sich bei Moscherosch um einen eher atypischen Leser handeln.

Prof. Dr. Walter E. Schäfer, Horhaldergasse 17, 76534 Baden-Baden


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