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Ich als geborener Badener
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Wilhelm Hausenstein bei der Ankunft in Paris; 1950
wohnte in zwei Zimmern im Hotel, und wenn er mittags einen Gast zum
Essen bat, musste er sich abends zum Ausgleich mit etwas Obst begnügen.
Was vom Frühstück übrig war, nahm Margot mit ins Konsulat, damit die
Angestellten etwas zu essen hatten. (Adenauer, der dies ungerührt erzählte,
wunderte sich, „dass man Leute findet, die für so wenig Geld diese Arbeit
auf sich nehmen".6) Dieselben Angestellten schrieben ihre Briefe manchmal
mit dem Bleistift, weil sie keine Tinte kaufen konnten.
Auch aus anderen Gründen fiel der Anfang schwer. Deutschland hatte
eine Schuld auf sich geladen, die in Frankreich noch lange nicht vergessen
war. „Bei meinen Spaziergängen durch Paris, die ich nicht so sehr aus alter
Liebhaberei unternahm als vielmehr aus dem durch meine Situation gebotenen
Bedürfnis, aus der Atmosphäre die Stimmungen der Pariser, insbesondere
gegenüber Deutschland, mit den Antennen zu erspüren, fielen mir
an Mauern jene Plaquetten auf, welche die Namen von Angehörigen der
Resistance im Gedächtnis der Vorübergehenden befestigen wollten. Das
wiederkehrende ,fusille par les Allemands' traf mich immer und überall so
scharf, als trüge ich eine persönliche Verantwortung. Als erster offizieller
Vertreter Deutschlands moralisch auf jede Weise exponiert, empfand ich
die zufällige Konfrontation mit solchen steinernen Wandschildern und mit
den Blumen, die daran geheftet waren, so intensiv, dass ich mir das Blut
der Schamröte ins Gesicht steigen fühlte."7 Der atmosphärische Druck war
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