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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 435
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.Villa Brandeck" in Hinlerohlsbach und die Sozialdemokratie

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„Franz Joseph Ehrhart, 1853-1908, Begründer der pfälzischen Sozialdemokratie
". Als uneheliches Kind einer Magd fiel er der Gemeinde zur
Last, erlebte eine triste Kindheit, genoss eine dürftige Schulbildung. Wanderjahre
in Bayern, Lehre in Fürth als Tapezierer. Wegen verbotener Parteiagitation
Flucht nach Belgien (in Brüssel persönliche Begegnung mit
Marx), Frankreich und England. In London Sekretär des Arbeiterbildungsvereins
. Zurück in Deutschland Mitbegründer der anarchistisch angehauchten
Zeitung „Freiheit", die nach wenigen Monaten verboten, aber trotzdem
illegal verteilt wurde, deshalb drei Monate Haft. Zum 50. Jahrestag des
Hambacher Festes hisste Ehrhart mit Gleichgesinnten die rote Fahne auf
dem Bergfried der Hambacher Burgruine, was erneut Arrest einbrachte.
Der leidenschaftlich agierende Hitzkopf fand in dem besonnenen, realistisch
denkenden Reformer Dreesbach einen Freund und politischen Lehrmeister
. In der Folge: Einrichtung einer Tapezier- und Möbelwerkstatt in
Ludwigshafen, Wahl in den Stadtrat, 1893 in den bayerischen Landtag, wo
er sich mit Grillenberger anfreundete, dann 1898 mit Unterstützung des
Zentrums in den Reichstag, dem er bis zum Tod 1908 angehörte.27 Er war
- ebenso wie Geck - Mitglied der Kontrollkommission, dem drittgrößten
Parteigremium. Die beiden mochten einander, sie waren im Wesen ähnlich:
Urwüchsige, kernige, farbige Charaktere, begabt mit Mutterwitz, zuweilen
polemisch-derb, volksnah und stark verwurzelt in der Heimat und im
Brauchtum. Dank seines großen Einflusses, seiner Vertrauenswürdigkeit
und unangefochtenen Stellung nannte man Ehrhart respektvoll und anerkennend
den „roten Pfalzgrafen". Er stand für das spezifisch Pfälzische
und ermunterte in Berlin, ähnlich wie Geck, die Parlamentskollegen, seine
schöne Heimat zum Auftanken der Kräfte zu besuchen und dabei dem
Pfälzer Wein Reverenz zu erweisen. Da Ehrhart Reformer und Realpolitiker
war, also auch dem im Südwesten vorherrschenden „revisionistischen"
Parteiflügel nahestand, ist gut vorstellbar, welche temperamentvollen Auseinandersetzungen
beim Wein auf der „Brandeck" geführt wurden.

Der häufigste Gast in Hinterohlsbach, zeitweise über Monate ein Dauerbewohner
, war zweifellos Geck selbst: 40 Jahre waltete er als Hausherr.
Schon in seinen Briefen an Marie aus der Verlobungszeit schrieb er begeistert
von den Wanderungen auf der Brandeck und ihrer Umgebung. Seine
tiefe Beziehung zur Natur, sein Eingewurzeltsein in der Landschaft des
mittleren Schwarzwalds sprechen aus jeder Zeile. Es wird berichtet,28 er
habe Vogelstimmen so täuschend ähnlich nachahmen können, dass von
überall her Antwort zurück schallte und die Vögel sogar angeflogen kamen
, wenn man sich ruhig verhielt.

Für die Erledigung der vielen Funktionen, die vor allem der Politiker
Geck in der Mitte seines Lebens wahrnahm, stellte die Bergvilla eine stetige
Quelle neuer Kraft dar. Es sei an folgende Daten der Biografie erinnert,
die den Aufgabenkatalog widerspiegeln:


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