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Gerhard Finkbeiner
Johanna Santo, Tochter von Elsa
Santo und Wladislaw Maslyk, im
Alter von 5 Jahren
„Es war im August 1945 in der Mittagszeit (...), als ich durch einen lauten
Schrei und einen Knall in der Küche erschreckte. Ich lief zur Tür und
sah auf der Treppe eine Person sitzen, die laut weinte.
Auf dem Rücken des Mantels standen groß die Buchstaben „KZ". Die
Haare waren abgeschoren, das Gesicht, die Hände waren alles eine Eiterkruste
, welche noch nässte. Erst als ich ihr gegenüberstand und ihr ins Gesicht
schaute, erkannte ich sie wieder."
Der Gedanke an ihre Tochter Johanna hat Elsa Santo am Leben erhalten
. Mutter und Tochter sehen sich wieder. Beide sind von da an unzertrennlich
. Maria Sichting hat sich selbstlos um die kleine Johanna gekümmert
. Mutig hat sie über Monate hinweg das Kind vor der Gestapo verleugnet
und in Kellern versteckt. In den feuchten Kellerräumen wurde das Kind
schwer krank und musste in die Carl-Zeiss-Kinderklinik Jena eingeliefert
werden. Das war ihr Glück. Denn die Gestapo suchte gegen Kriegsende
fieberhaft nach der kleinen Johanna.
Im Januar 1946 kehrt Elsa Santo ins Badische zurück. Ihr Vater war
zwischenzeitlich verstorben, die Landwirtschaft der Eltern an den Bruder
Albert Santo und dessen Ehefrau Anna Santo übergeben. Für Elsa Santo
und die Altbäuerin bleibt ein wenig Land übrig, das sie mit Hilfe anderer
Bauern bestellen können. Mit ihrer Tochter Johanna lebt Elsa Santo in gro-
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