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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 453
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Im KZ geschunden, unter Aktendeckeln begraben

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ßer Armut. Sie kann kaum arbeiten. Ihren erlernten Beruf als Köchin kann
sie nicht mehr ausüben, denn auf ihrem Körper bilden sich immer wieder
eitrige Geschwüre. Ärztliche Hilfe kann Elsa Santo nicht in Anspruch nehmen
, da sie nicht krankenversichert ist. Psychisch und physisch schwer gezeichnet
, stellt Elsa Santo am 10. Mai 1946 beim zuständigen Finanzamt
und bei der Vermögenskontrolle in Offenburg einen Entschädigungsantrag
als politisch Verfolgte.

Der Leidensweg durch die Behörden beginnt

Nach dem badischen Entschädigungsgesetz (BadEG) müsste über den Antrag
von Elsa Santo innerhalb eines Jahres entschieden werden. Ihr Antrag
auf Wiedergutmachung wird jedoch erst vier Jahre später, im Herbst 1950,
befürwortet. Elsa Santo wird als politisch Verfolgte anerkannt.7 Zehn Monate
später, am 28. August 1951, wird Frau Santo auf das Wiedergutmachungsamt
in Freiburg zur Anhörung einbestellt. Das Amt begründet dies
damit, dass zur Vervollständigung der Akte die Antragstellerin noch ein
Schreiben unterzeichnen müsse; vorher könne keine Auszahlung der beantragten
Entschädigung erfolgen. In dem Schreiben wird Elsa Santo ihre
antifaschistische Haltung gegenüber dem Nazi-Regime bestätigt. Des Weiteren
wird ihr in dem Aktenvermerk vorgegeben, dass sie wegen des Verhältnisses
mit dem Polen ins KZ gekommen und dass der Pole, der Vater
ihres Kindes, aus dem Gerichtsgefängnis Offenburg entflohen und auf der
Flucht erschossen worden sei. Davon, so der vorgefertigte Text, habe Frau
Santo erst 1946, nach der Rückkehr nach Grafenhausen, erfahren. „Wehen
Herzens", aber gutgläubig unterschreibt Elsa Santo den vorformulierten
Aktenvermerk. Elsa Santo weiß nicht - einen Anwalt kann sie sich in ihrer
finanziellen Not nicht leisten -, dass sie sich mit der Unterschrift unter diese
ihr vorgegebene Aussage von allen Ansprüchen auf eine Entschädigung
als politisch Verfolgte ausschließt.

Hätte Frau Santo darauf bestanden, aus politischen Gründen inhaftiert
worden zu sein, hätte ihr eine finanzielle Wiedergutmachung zugestanden.
Dass sie sich immer wieder lautstark gegen den Nationalsozialismus ausgesprochen
, und dass sie im KZ den Roten Winkel der politisch Gefangenen
getragen hat, wird nicht berücksichtigt. Auch die Folgen der medizinischen
Versuche, die an Elsa Santo im KZ Ravensbrück vorgenommen wurden
, interessieren die Behörde nicht. Mit Beschluss des bad. Ministeriums
der Finanzen - der zuständigen Wiedergutmachungsbehörde - vom 5. Oktober
19518 wird der Entschädigungsantrag mit der Begründung abgelehnt:
„Der Haftgrund lag im Umgang mit dem polnischen Zwangsarbeiter. "

Am 9. November 1951 reicht Elsa Santo mit Hilfe des Dorfpfarrers Wilhelm
Keller von Grafenhausen beim Amtsgericht Offenburg Klage gegen
den Ablehnungsbescheid vom 5. Oktober 1951 ein.


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