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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 473
(PDF, 123 MB)
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Im KZ geschunden, unter Aktendeckeln begruben

473

„Am Freitag, den 17. Juli 1942, morgens, wird das Urteil an einem polnischen Civilar-
beiter wegen Geschlechtsverkehr mit einer deutschen Frau durch Erhängen vollstreckt.
Die polnischen Civilarbeiter (nur Männer, keine Kriegsgefangenen, keine Russen) aus
der Umgebung haben restlos beizuwohnen.

Diese Polen haben morgens um 6 Uhr 45 beim Rathaus in Freiamt (Sägplatz) eingetroffen
zu sein.

Der Herr Bürgermeister wolle sofort die erforderlichen Anordnungen treffen und für
gesammelten Anmarsch der Polen aus Ihrer Gemeinde nach Freiamt Sorge tragen ..."
Iwan Mronzek wurde im Beisein zahlreicher Augenzeugen erhängt. Nach der Erhängung
mussten die polnischen Zwangsarbeiter um den erhängten Iwan Mronzek herumlaufen
und wurden von einem Deutschen in polnischer Sprache darüber aufgeklärt,
dass es jedem Polen so ergehe, der sich mit einer deutschen Frau einlasse. (Vgl. Heimatbuch
Freiamt- Reichenbach, 1994).

Aber auch Elsa Santo selbst war in Gefahr, auf Grund ihres Verhältnisses mit dem Polen
Maslyk strafrechtlich verfolgt zu werden. Lt. § 4 der „Verordnung zur Ergänzung
der Strafvorschriften zum Schutz der Wehrkraft des deutschen Volkes", die am 25. November
1939, wenige Wochen nach der Besetzung Polens, erlassen wurde, wurden
deutsche Frauen, die eine Beziehung zu Kriegsgefangenen hatten, aus der Volksgemeinschaft
ausgeschlossen. So heißt es in der Verordnung:

„Wer (...) vorsätzlich mit einem Kriegsgefangenen in einer Weise Umgang pflegt, die
das gesunde Volksempfinden gröblich verletzt, wird mit Gefängnis, in schweren Fällen
mit Zuchthaus bestraft." (Vgl. Bernd Boll „... das gesunde Volksempfinden auf das
Gröbste verletzt." Die Offenburger Strafjustiz und der „verbotene Umgang mit Kriegsgefangenen
" während des 2. Weltkriegs, in: Die Ortenau 71/1991, S. 645 ff.).

5 Nach der Festnahme soll Wladislaw Maslyk - er wurde von einem Polizisten in Handschellen
aus dem Dorf geführt - erschossen worden sein, so die „Erklärung" von Frau
Frieda Kölble, geb. Santo, vom 3. August 1986. Frau Kölble ist die Tochter von Albert
Santo und zum Zeitpunkt des Geschehens 11 Jahre alt.

Dass Wladislaw Maslyk im Gerichtsgefängnis Offenburg inhaftiert und auf der Flucht
erschossen worden sei, wie dies das Wiedergutmachungsamt Freiburg Frau Elsa Santo
am 28. August 1951 in einem Aktenvermerk vorgibt, ist durch nichts belegt.
Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Offenburg (6Js 78/92) vom 2. August 1994
„konnten die näheren Umstände des Todes von Wladislaw Maslyk nicht geklärt werden
."

6 „Eidesstattliche Erklärung für den KZ-Häftling Elsa Santo vom Lager Ravensbrück
mit dem Ersuchen um gerichtliche Bestätigung" von Maria Sichting vom 30. August
1954 auf dem Staatlichen Notariat Jena.

7 Laut Mitteilung des Finanzamtes Offenburg vom 18. Oktober 1950 war die politische
Verfolgung nach Aktenlage (Seite 83-93) nachgewiesen.

8 Beschluss vom 5. Oktober 1951, AZ.: 11-138-253-49, OZ: Abt. IV/1906

9 Schreiben des Kreisjugendamtes Lahr vom 14. November 1962 an das Amtsgericht Et-
tenheim, unterzeichnet von Kreisamtmann Daliinger, Beauftragter Vormund.

10 Antrag vom 24. September 1954 auf Grund des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung
für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) vom 18. September
1953.

11 Bescheid vom 21. November 1958 (EF 1906-111/41) in der Entschädigungssache der
Elsa Santo wegen Schadens an Körper und Gesundheit, an Freiheit, an Vermögen sowie
im beruflichen Fortkommen.


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