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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 550
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Wolfgang Ganz

Ebenso wenig unerwähnt soll die Rolle von Schülern am Schulleben
bleiben, die sich zur jüdischen Religion bekannten. Während des ganzen

19. Jahrhunderts nennt die Schülerstatistik Einzelfälle von solchen Schülern
aus Nachbargemeinden. Ihre Zahl nimmt zu, als sich nach 1860 auch
wieder in Lahr Juden niederlassen. Einen Höhepunkt erreicht sie im Jahre
1892 mit 20 von insgesamt 177 Schülern, darunter auch der oben erwähnte
Ludwig Frank. Daher wurde auch seit 1869/70 bis 1930, allerdings mit einer
Unterbrechung in den 1880-er und 1890-er Jahren ohne erkennbaren
Grund, israelitischer Religionsunterricht erteilt. In den 20-er Jahren des

20. Jahrhunderts findet man dann teilweise nur noch zwei Schüler jüdischen
Glaubens verzeichnet. Der letzte Schüler dieses Bekenntnisses legte
1931 sein Abitur ab. Vom Jahre 1932 an tauchen in der entsprechenden
Spalte der Schülerlisten nur noch Striche auf. Allerdings gibt es Aussagen
einer im Jahre 1936 nach Israel ausgewanderten ehemaligen Schülerin,
dass noch bis Mitte der 1930-er Jahre etliche jüdische Schüler/Schülerinnen
das Lahrer Gymnasium besucht haben und in dieser Zeit auch mit grob
judenfeindlichen Parolen durch Mitschüler konfrontiert worden sein sollen.
Der Widerspruch zwischen dieser Aussage und der Aktenlage lässt sich
nicht mehr klären. Sicher ist jedoch, dass die letzte Lehrkraft, die bis 1930
teilweise unentgeltlich israelitischen Religionsunterricht an der Schule erteilte
und dafür jedes Jahr einen schriftlichen Dank ausgesprochen bekam,
nämlich der Kantor der jüdischen Gemeinde in Lahr namens Bergheimer,
später das Schicksal der übrigen Lahrer Juden teilte, nach Gurs deportiert
und von dort ins Todeslager Ausschwitz geschafft wurde.

Musis, Deo, Patriae - den Musen, Gott, der Heimat. Dieses Motto, in einem
Emblem über dem Hauptportal des „Alten Scheffel" eingemeißelt und
ins „Neue Scheffel", wenn auch nur in Form einer großflächigen Fotografie
im seitlichen Eingangsbereich mitgenommen, will auch heute noch etwas
von dem Geist wiedergeben, dem sich diese Schule verpflichtet fühlt:
Ernsthafte Beschäftigung mit allem Schönen, das den Geist und die Seele
formt, sich über die Notdurft des Lebens hinausheben in den Bereich des
Übersinnlichen und Unvergänglichen und bei allem Streben sich auf das
engere und weitere soziale Umfeld ausrichten.

Anmerkungen

1 Der Autor stützt sich bei diesem Beitrag vor allem auf die zum 200-jährigen Jubiläum
vom Scheffelgymnasium herausgegebene Festschrift, an der er auch selbst mitgearbeitet
hat.

Wolfgang Gunz, Am Sonnenberg 22, 77960 Seelbach


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